Darsteller im Interview

Josefine Preuß über "Dr. Nice": "Sind alles Erfahrungen, die nimmt man doch mit!"

27.05.2024, 15.58 Uhr
von Martina Maier

Für Josefine Preuß ist "Dr. Nice" ein Glücksgriff – die zweite Staffel der ZDF-Medical steht in den Startlöchern, die dritte ist in Produktion. Die Wahlberlinerin genießt den Vertrauensvorschuss des ZDF und rät dringend zum Anschalten.

Wer Josefine Preuß über den Weg laufen möchte, hatte früher bei Partys gute Chancen. Heute ist ab er vieles anders. Da ist es der Wald, der zum Lieblingsort der viel beschäftigten Schauspielerin ("Gäste zum Essen") geworden ist – Ruhe und Abschalten in der Natur, so oft wie möglich, bei Wind und Wetter, immer mit Hund. Momentan bleibt dazu wenig Zeit, denn die 38-Jährige, deren Markenzeichen ihre langen roten Haare, Grübchen und ein breites Julia-Roberts-Lächeln sind, dreht bereits die dritte Staffel der ZDF-Medical "Dr. Nice". Auch in den vier neuen Folgen der "Herzkino"-Reihe (ab Sonntag, 5. Mai, 20.15 Uhr, ZDF) spielt sie die gern mal schnippische Sprechstundenhilfe des Titelhelden "Nice", mit großer Begeisterung, wie sie sagt. Josefine Preuß mag die Vielfalt und liebt aufwendige Kostüme wie in "Das Sacher", "Die Hebamme" oder "Das Adlon", wo sie die Hauptrollen spielte. Privat darf es gern auch mal ungestylt sein – wie im Wald eben. Josefine Preuß über Waldbaden, Verschwörungstheorien und ihre Zeit als Theaterkind.

Früher Taxi Kurzstrecke, heute lieber Waldbaden

prisma: Das Gesamtpaket "Dr. Nice" – ein Volltreffer, auch für Sie als Schauspielerin?

Josefine Preuß: Ich kenne die Produktionsfirma schon lange und wusste, wie der Produzent (Stefan Raiser von Dreamtool in München, d. Red.) Geschichten erzählen will. Er hat schon früh einen Actors-Writers-Room ins Leben gerufen, sodass wir intensiv an den Drehbüchern mitarbeiten dürfen. Bis heute setzen wir uns mit den Autoren mehrmals im Jahr zusammen und überlegen, wo die Reise hingeht. Viele Ideen, die die Zuschauer sehen, kommen tatsächlich von den Darstellern. Das ist etwas ganz Neues. Dann mag ich die Konstellation mit Patrick Kalupa (die Titelfigur "Dr. Nice", d. Red.) und Maximilian Grill natürlich, denn wir kennen uns seit Jahrzehnten und mögen uns sehr. Die Drehorte an der Flensburger Förde und letztes Jahr in Dänemark sind wunderschön ... Ich kann gar nicht aufhören (lacht). Das sind alles Erfahrungen, die nimmt man doch mit!

prisma: Was ist das Besondere an Ihrer Figur Charlie?

Josefine Preuß: Charlie ist durch den Verlust ihrer Partnerin plötzlich alleinerziehend, aber nicht die biologische Mutter. Mit Dr. Nice klarzukommen, ist eine echte Aufgabe. Charlie ist sehr verantwortungsvoll, liebt ihren Job mit den Dorfpatienten und tut deswegen alles, um die Praxis am Laufen zu halten, was mit einem Chef wie Nice nicht so leicht ist (lacht). In der neuen Staffel erzählen wir, dass Charlie so langsam rauskommt aus ihrem Schneckenhaus, auch mal privatere Seiten zeigt und sich vielleicht wieder jemandem öffnen kann.

prisma: Wie war es für Sie, eine lesbische Frau zu spielen?

Josefine Preuß: Es ist nichts anderes als jede andere Rolle mit Sexualität. Ich habe überhaupt kein Problem damit, so etwas zu spielen, denn es geht um den Menschen, in den man sich verliebt, und nicht um dessen Geschlechtsteil oder äußere Merkmale. Für mich macht das keinen Unterschied, im Gegenteil. Es ist schön, so etwas noch nie gespielt zu haben und sich da hineinzufinden.

prisma: Haben Sie schon einmal mit Patrick Kalupa, der in "Dr. Nice" einen Floßverleih betreibt, eine Floß-Tour gemacht?

Josefine Preuß: Leider noch nicht, aber er ist ganz in der Nähe vom Wohnort meiner Oma, eine knappe Autostunde nördlich von Berlin, da fahre ich immer direkt vorbei. Irgendwie haben wir uns immer verpasst, aber wir holen das nach. Ich war schon mal auf einem Floß im Spreewald. Für einen Tagesausflug mit der Familie kann ich eine Floßfahrt nur empfehlen. Man kann dort sogar grillen.

prisma: Sind Sie ein Naturtyp, der es genießt, mit einem Floß zu fahren, in der Pampa zu zelten und am Lagerfeuer zu sitzen?

Josefine Preuß: Früher eigentlich gar nicht. Ich gehörte zu denen, die sagten: Wandertag? Oh nee! Laufen? Nee, lass uns lieber Taxi Kurzstrecke nehmen. Aber ich bin seit fünf Jahren Hundemama, da hat sich das natürlich komplett gewandelt, weil man raus muss, wenn der Hund sich erleichtern soll (lacht). Ich habe inzwischen das Waldbaden total für mich entdeckt. Wir haben in Brandenburg so schöne Gegenden, und da einfach durchzulaufen und sich treiben lassen, das mag ich sehr. Ich bin ein totaler Waldmensch geworden.

Arbeit, Hund und Bogenschießen

prisma: Was ist für Sie der Unterschied zwischen im Wald Spazierengehen und Waldbaden?

Josefine Preuß: Bei Spazierengehen läuft man auf Wegen, trifft noch andere Leute, das mag ich nicht so. Ich gehe wirklich tief rein in den Wald, weg von den Wegen. Hinsetzen und genießen, mal lauschen, das Moos anfassen und riechen. Gerne, wenn es frisch geregnet hat, weil der Wald dann so wunderbar riecht. Waldbaden bedeutet für mich, die Atmosphäre einzusaugen und nicht nur eine Stunde rumzulaufen und zurück zum Auto zu gehen. Ich habe einen rumänischen Straßenmischlingshund. Der hat aber keine eigene Instagram-Seite und darf bei mir einfach nur Hund sein (lacht).

prisma: Sie haben noch ein Hobby: Bogenschießen.

Josefine Preuß: Genau. Das musste ich mir aneignen für die Dreharbeiten zu "Die Pilgerin" vor über zehn Jahren, denn die Figur war eine gute Bogenschützin. Damals hatte ich Training mit der deutschen Meisterin. Außer als Kind war ich nie besonders sportlich, aber das ist ein Sport, der mich gepackt hat. Vom Dreh durfte ich meinen mittelalterlichen Langbogen mitnehmen, dann holte ich mir ein Mobiltarget und übte Schießen im Wald. Das ist ein Sport genau für mich: Man muss nicht rennen, es kommt nicht auf Schnelligkeit an, es ist ein ganz toller Haltungs- und Konzentrationssport, bei dem viel über die Atmung geht. Ich mag das sehr. Trotzdem würde ich mich ungern neben einen Profi stellen (lacht). Neben Arbeit und Hund ist mein Leben damit voll genug.

prisma: Sie betonen immer wieder, langfristige Lebensplanung sei gar nicht Ihr Ding. Was würden Sie sich auf die Liste schreiben, was Sie irgendwann in Ihrem Leben gern mal tun würden?

Josefine Preuß: In ganz naher Zukunft möchte ich mit meinem Hund den Hadrianswall erwandern, wenn Dr. Nice mich Urlaub machen lässt (lacht). Das ist die natürliche Grenze zwischen England und Schottland, etwa 107 Kilometer lang. Das kann man gut in zehn Tagen machen oder noch entspannter mit Sightseeing in 14 Tagen. Es gibt auch genug Leute, die einem das Gepäck hinterher tragen vom Bed & Breakfast. Mein Urlaubsverhalten hat sich durch den Hund natürlich verändert, weil ich nicht mehr drei, vier Wochen lang weit wegfliege. In nächster Zeit nehme ich in Europa in Angriff, was man mit Zug oder Auto gut erreichen kann.

prisma: Waren Sie früher gern weltweit unterwegs?

Josefine Preuß: Ja! Ich bin viel gereist und werde das auch wieder tun. Ich weiß nicht, ob ich alle Länder der Welt schaffe, aber ich möchte noch viel sehen. Gerade finde ich es schwer zu reisen und zu fliegen, bei allem, was so los ist. Da ist es hier noch sicherer.

prisma: Sind Sie jemand, dem die politische Situation in Europa Angst macht?

Josefine Preuß: Nein, ich will keine Panik aufkommen lassen, aber ich mache mir Gedanken. Die Zeiten ändern sich und damit auch unser Verhalten und unser Leben, und es gilt in allen Bereichen, ein bisschen mehr nach links und rechts zu gucken und nicht nur stur geradeaus.

"Das Gerede von alternativen Fakten geht mir auf den Keks!"

prisma: Sind Sie ein politischer Mensch?

Josefine Preuß: Ich interessiere mich für Politik, bin aber vorsichtig darin, mich zu äußern. Ich komme aus einem Elternhaus, in dem es hieß, über Geld und Politik soll man öffentlich nicht reden. Öffentliche Stimmen können durchaus etwas vermitteln, aber dazu bin ich nicht Expertin genug. Ich höre auch lieber Leuten zu, die Ahnung haben und wissen, worüber sie sprechen. Dieses ganze Gerede von alternativen Fakten geht mir so auf den Keks! Was kann man überhaupt noch glauben, welche Quelle ist echt? Ich bin gerade in so einer Phase, in der ich am liebsten alles ausmache und in den Wald gehe (lacht).

prisma: Über "alternative Fakten" können Sie sich offenbar aufregen ...

Josefine Preuß: Na klar! Fehlinformationen, Halbwahrheiten, daher kommen ja diese ganzen komischen Meinungen und Verschwörungstheorien, und das tut manchen Menschen einfach nicht gut.

prisma: Wie ist es für Sie, in der Maske zu sitzen und sich verändern zu lassen?

Josefine Preuß: Ich habe damit überhaupt kein Problem, sondern bin immer die erste, die eine neue Haarfarbe vorschlägt. Aber es wird meist nicht angenommen. Der Rotton ist echt – und den wollen auch immer alle (lacht).

prisma: Bei welcher Veränderung würden Sie nicht mehr mitmachen?

Josefine Preuß: Bei allem, was zu sehr auf die Gesundheit geht, ganz große Gewichtsveränderungen. Das ist keine Rolle wert. Es gibt genug Möglichkeiten, beim Film und Fernsehen, zu tricksen. Selbst beim Gewichtsverlust: Man kann mehr Klamotten anziehen, den Körper eingefallener schminken, das Licht ein bisschen krasser setzen, mit den Kameraoptiken spielen, da gibt es immer Möglichkeiten. Die Technik des Method Acting, bei der sich Schauspieler bis zur Selbstaufgabe in einen anderen Menschen verwandeln, liegt mir nicht so. Mir tut es immer eher leid, das anzusehen. Auch wenn dann ein Oscar dabei rauskommt, ist es die eigene Gesundheit vielleicht auch nicht wert.

prisma: Sind Sie sehr gesundheitsbewusst?

Josefine Preuß: Nee, da würde ich mich zu wichtig und zu groß machen. Ich bin keine regelmäßige Esserin, sondern esse, wann und worauf ich Hunger habe. Schon gesund und ausgewogen, aber ich bin keine Fanatikerin, die alles nur natürlich haben muss. Es geht auch mal Zucker, es geht auch mal ein Farbstoff.

prisma: Sie sagten, Sie mögen die Landschaft im Norden. Fahren Sie auch gern in die Berge?

Josefine Preuß: Die habe ich auch sehr gerne. Wir haben wunderschöne Gebirge, gerade die Sächsische Schweiz ist toll, dann das Erzgebirge, der Harz- traumhaft! Berge sind für mich verbunden mit Wald, eher das als Meer. Das gucke ich mir gerne von außen an, aber ich muss da nicht rein. Wasser ist nicht mein Element. Ich kann mal ins Meer gehen, aber ich mag einen ruhigen See lieber. Auf meinem Standup-Paddel ist es okay. Oder eben auf einem Floß, auf dem ich trocken bleiben kann, aber dann muss ich wieder Kalupa anrufen (lacht).

Sketche mit den Cousins

prisma: Sie kommen aus dem Norden, wo es unendlich viele Seen gibt ...

Josefine Preuß: Naja, eher aus dem Osten. Geboren im schönen Zehdenick, aber auch nur, weil da gerade ein Krankenhaus in der Nähe war. Aufgewachsen bin ich in Potsdam. Noch heute werde ich immer als Kind der Stadt vom Bürgermeister zu irgendwelchen Stadtfesten nach Zehdenick netterweise eingeladen.

prisma: Sie standen schon als Kind vor der Kamera. Was waren Ihre ersten Berührungspunkte mit der Kamera?

Josefine Preuß: Meine Eltern und Großeltern erzählen immer, ich hätte schon als Kleinkind vorgespielt und gebrabbelt: "Ich will Schauspielerin werden". Zu Hause habe ich mich verkleidet, Sketche vorgeführt, meine Cousins und Cousinen genötigt, irgendwelche Filmszenen nachzuspielen. Als ich acht oder neun war, las mein Vater in der Potsdamer Tageszeitung einen Aufruf für eine Kinderstatistenrolle im Hans-Otto-Theater für die Potsdamer Festspiele. Also ging ich zu diesem Casting und bekam eine Rolle in Mozarts Oper "Die falsche Einfalt".

prisma: Was war Ihre Aufgabe in der Oper?

Josefine Preuß: Vorne sangen die Opernsänger, und hinten spielten wir Kinder die Story nach, mit Rokoko-Perücken und Ballonkleidern wie in "Bridgerton". Weil eine Kollegin verhindert war, durfte ich bei der Premiere ihren Teil mit übernehmen und war den ganzen Abend auf der Bühne, hatte eine eigene Garderobe, wurde von den Kollegen mit Schokolade, Blumen und Kuscheltieren überhäuft, bekam Applaus. Alles war so toll, dass ich dabei bleiben wollte! Das Theater buchte mich immer mal wieder. Irgendwann kam eine Anfrage aus dem Fernsehen und dann war ich bei "Schloss Einstein". So ging das immer weiter.

prisma: Also gab es nie die Idee, mal was anderes zu machen?

Josefine Preuß: Nein. Ich musste mich nie fragen, was ich machen will, weil ich ja schon gemacht habe, was ich wirklich wollte. Ich war ganz oft zur richtigen Zeit am richtigen Ort.

prisma: Die Schauspielschule zu Ende zu machen ...

Josefine Preuß: War keine Option! Weil ich mich bewusst für die Praxis entschieden habe, und das war "Türkisch für Anfänger". Was das Textlernen angeht, das Drehen, das regelmäßige Arbeiten, zu wissen, was "dramaturgischer Bogen" heißt, all das lernten wir wie nebenbei. Dadurch, dass die Serie ein relativ großer Erfolg war, kam gleich am Anfang dazu, mit der Öffentlichkeit umzugehen und die ersten großen Interviews zu führen. "Türkisch für Anfänger" war für uns alle ein guter Einstieg, glaube ich.

prisma: Viele Zuschauer kennen Sie auch aus den acht "Lotta"-Filmen. Können Sie sich vorstellen, noch einen neunten zu drehen?

Josefine Preuß: Wenn, dann wäre das direkt im Anschluss gut gewesen. Ich denke immer, eine Tür geht zu, dann geht ein Fenster auf. "Dr. Nice" hat zwar nicht den gleichen Sendeplatz wie "Lotta", aber es ist für mich die nächste Reihe, der nächste Abschnitt. Obwohl die neuen vier Folgen noch gar nicht gelaufen sind, drehen wir jetzt bis November schon sechs weitere. So groß ist der Vertrauensvorschuss des ZDF Also: Auf geht's, unbedingt alle "Dr. Nice" gucken! (Lacht).


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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