Stanley Kubrick

Lesermeinung
Geboren
26.08.1928 in New York, USA
Gestorben
07.03.1999 in Harpenden, Hertfordshire, England, Großbritannien
Sternzeichen
Biografie
Stanley Kubrick gehört zu den wenigen Regisseuren, die nie Kompromisse machen. Selbst dann, wenn er Auftragsproduktionen übernimmt, geht von seinen Filmen eine starke Kraft aus. Man denke nur an das Monumental-Epos "Spartacus" (1960) oder die Verfilmung des Skandalromans "Lolita" (1961) von Vladimir Nabokov. Seit Anfang der Sechziger Jahre lebte und arbeitete Kubrick in Großbritannien. Mit seinen Filmen "2001 - Odyssee im Weltraum" (1965), "Uhrwerk Orange" (1970) und "Barry Lyndon" (1973) erreichte er einen fürs heutige Kino ungewöhnlichen Perfektionismus.

Bereits als 14-Jähriger arbeitet er bei der Zeitschrift "Look" als Fotoreporter und avanciert schnell zu den erfolgreichsten Fotografen des Blattes. Über das Museum of Modern Art entdeckt Kubrick seine Liebe zum Kino: Ein Freund motiviert ihn schließlich, seinen ersten Film zu drehen. Herausgekommen sind drei kurze Dokumentarfilme ("Day of the Fight", "Flying Padre" und "The Seafarers") und das Kriegsdrama "Fear and Desire" (1953), in dem Regisseur Paul Mazursky eine der Hauptrollen spielt. "Der Tiger von New York" (1955) und "Die Rechnung ging nicht auf" (1956) sind Stücke aus dem Krimigenre: Die Welt der großen und kleinen Gangster ist geprägt von Gier und Gewalt, von Einsamkeit und Tod.

Kubricks Zynismus und sein tiefes Misstrauen gegenüber der Gesellschaft sind Gründe dafür, dass er sich immer wieder von der Außenwelt abkapselt. Dabei hat er alles im Blick: Bei der deutschen Premiere von "Uhrwerk Orange" verlangt er, dass im Kölner Theater am Rudolfplatz die Projektoren ausgewechselt werden. Er bestimmt Synchronregisseure und fremdsprachige Sprecher, kennt jede Filmszene und behält sich den "Final Cut" vor. Kubricks Kinohelden sind Einzelgänger, ohne jede Chance. In den beiden Antikriegsfilmen "Wege zum Ruhm" (1957) und "Dr. Seltsam oder Wie ich lernte, die Bombe zu lieben" (1963) geht er unterschiedliche Wege: Im einen Fall schildert er dokumentarisch präzise ein Stück Kriegsgeschichte: Französische Soldaten weigern sich, einem selbstmörderischen Befehl zu folgen. Der zuständige französische General will 100 Soldaten wegen Feigheit vor dem Feind sterben sehen. Einem Colonel gelingt es, die Zahl auf drei zu reduzieren. Die Auswahl der Opfer ist rein subjektiv. "Ein antifranzösischer Film" - sagt Charles de Gaulle und verbietet das Werk.

In "Dr. Seltsam" bereitet er das Thema Krieg, beziehungsweise Massenvernichtung, als Satire auf: Atom-Flugkapitän Jack D. Ripper dreht durch, er will den bösen Sowjets den Garaus machen und jagt seine B 52 gen Moskau, während im Pentagon der rollstuhlfahrende Fanatiker, Faschist und Atomforscher aus Deutschland in wahnwitziges Gelächter ausbricht. Kubricks bitterböse Albtraumkomödie wirft einen zynischen Blick auf Bombenhysterie und Antikommunismus, soldatische Tugenden und tödlichen Bürokratismus, die Perversion von Selbstschutz und andere Zivilisationskrankheiten unserer geordneten Welt. Ein infernalischer Thriller.

In seinen beiden Sciencefiction Filmen "2001 - Odyssee im Weltraum" und "Uhrwerk Orange" setzte er ästhetische Maßstäbe. Zu diesem Zeitpunkt war Kubrick einer der ganz wenigen Filmemacher, die Sciencefiction zu weit mehr nutzten als einer trivialen Weltflucht mit Baller-Orgien und schleimigen Tentakelmonstern. Umstritten war vor allem das zweite Werk, die Verfilmung des gleichnamigen Romans von Anthony Burgess. Darin wird die These vertreten, die Freiheit des Individuums sei auch dann höher als alles andere einzustufen, wenn dieses Individuum sie in erster Linie dazu missbraucht, anderen Menschen Leid zuzufügen. Für die damaligen Verhältnisse war der Film äußerst gewalttätig. Malcolm McDowell wurde in der Titelrolle zum Star.

Bis 1975 arbeitete Kubrick dann an dem Historienfilm "Barry Lyndon". Hier taucht er ins 18. Jahrhundert. Am Beispiel des jungen Iren Barry Lyndon, der sich durch Heiraten in immer höhere gesellschaftliche Kreise einschleicht, entwirft Kubrick ein faszinierendes, detailfrohes Gesellschafts- und Sittengemälde jener Zeit. 1979 nutzte Stanley Kubrick die Adaption eines Stephen-King-Stoffes, um die menschliche Seele dann darzustellen, wenn ihr ein paar Sicherungen durchgehen. "Shining" zählt bis heute zu den wenigen wirklich überzeugenden King-Verfilmungen, und trotz gelegentlicher Überinszenierung und einem hemmungslos chargierenden Jack Nicholson kann man sich der Kraft des Films kaum entziehen.

Mit "Full Metal Jacket" (1987) nahm sich Kubrick nach langer Pause wieder des Themas Krieg an. Sein Film hat zwei Hälften: Zunächst zeigt er, wie junge Rekruten in der Ausbildung geschliffen werden. Unter der Obhut eines sadistischen Sergeants werden Jüngelchen und Muttersöhnchen zunächst ihrer Identität und Individualität beraubt, dann zu emotionslosen Tötungsmaschinen umgepolt. Das System funktioniert so gut, dass es sich am Ende gegen sich selbst wendet: Einer der Soldaten beginnt mit dem Töten noch im Ausbildungs-Camp.

Die zweite Hälfte des Films führt nach Vietnam, wo sich die erfahrene Ausbildung als praxisfremd herausstellt. Die Rekruten werden verheizt, doch bei allem Sterben: Für ein rührseliges Interview mit dem Fernsehen, ein paar warme Worte für die Lieben daheim, bleibt in all dem Chaos immer noch Zeit.

Sehr viel Zeit ließ sich Kubrick mit seinem letzten Werk, das sein Vermächtnis werden sollte. 1996 begann er mit den Dreharbeiten zu "Eyes Wide Shut" mit Tom Cruise und Nicole Kidman. Die amerikanische Filmindustrie reagierte schon sehr bald extrem gereizt auf den Namen Kubrick, weil der mit seinen akribischen Dreharbeiten Cruise für mehr als ein Jahr blockierte. Cruise aber ist in Hollywood ein nicht zu unterschätzender Wirtschaftsfaktor, denn er zählt zu den wenigen Stars, die an der Kasse ein gutes Einspielergebnis garantieren. Nur ein Kubrick kann sich erlauben, so einen Mann so lange aus dem Verkehr zu ziehen.

In "Eyes Wide Shut" (1999) spielt das tatsächliche Ehepaar Tom Cruise und Nicole Kidman ein Psychiater-Ehepaar. Beide betrügen einander mit ihren Patienten. Der Stoff geht auf Arthur Schnitzler zurück. Das Werk befand sich noch in der Postproduktionsphase, als Stanley Kubrick starb.

1997 erhielt Stanley Kubrick zwei der höchsten Ehrungen der Filmwelt: den D. W. Griffith Award von den "Director's Guild of America" und den Golden Lion Award bei den 54sten Internationalen Filmfestspielen in Venedig.

Nach seinem Tod entstand unter der Federführung seines Schwagers Jan Harlan der Dokumentarfilm "Stanley Kubrick - Ein Leben für den Film", und 2012 war er in dem Dokumentarfilm "Ein Reisender - Marcel Ophüls" (2012) zu sehen.

Filme mit Stanley Kubrick

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