24.07.2023 Interview mit Musikerin

Anna Loos: "Das Leben ist schön, mit allem was dazu gehört"

Von Felix Förster
Anna Loos hat Freude am Leben und lässt das auch ihre Fans spüren.
Anna Loos hat Freude am Leben und lässt das auch ihre Fans spüren. Fotoquelle: Miriam Knickriem

Anna Loos muss man nicht mehr groß vorstellen – die in Berlin lebende Künstlerin hat vor allem als Schauspielerin und Musikerin einen großen Bekanntheitsgrad erlangt. Nach ihrer musikalischen Kollaboration mit der Band Silly und dem ersten Solo-Album „Werkzeugkasten“ gibt es nun das neue Album „Das Leben ist schön“. prisma hat mit ihr gesprochen.

Sie haben Ihr Album „Das Leben ist schön“ genannt. Was macht das Leben für Sie besonders schön?

Anna Loos: Das Leben ist schön, mit allem was dazu gehört. Und das sind nicht nur die reinen Glücksmomente, in denen man auf einer rosa Wolke schwebt. Die Punkte in meinem Leben, an denen es problematisch wurde, an denen ein Stein oder ich sag auch manchmal ein dicker fetter Haufen Kacke meinen Weg versperrt hat, waren immer genau die Momente, die mich dazu gebracht haben, mich weiterzuentwickeln. Ich liebe all die Herausforderungen, die das Leben zu bieten hat, weil sie das Wachstum sind.

Der gleichnamige Song ist Ihrem Mann Jan Josef Liefers gewidmet. Ist das der erste Song von Ihnen, den sie für ihn aufgenommen haben?

Anna Loos: Ja, weil seine Existenz mein Leben schönmacht.

Textlich sprechen Sie ganz offen über „eine Beziehung“, spiegelt der Text auch vieles aus Ihrer eigenen Ehe wider?

Anna Loos: Nein. Ich schreibe persönliche Texte, die allerdings nicht immer aus meiner Perspektive erzählt werden. Ich schreibe Gedanken auf, die mich bewegen, oder über Begegnungen in einem Buch, und wenn ich ans Schreiben der Songs gehe, schaue ich mit ein wenig Abstand, welche Geschichten mich berühren. Und ich schaue auch danach, warum sie mich berühren, was genau sie mit mir machen und was genau sie in mir ansprechen. Dann schreibe ich sie herunter und springe in alle Perspektiven, die ich entdecken kann. Am Ende komprimiere ich die Geschichte quasi zu einem Gedicht und konzentriere mich dabei auf die Emotion, versuche die eigentliche Geschichte, die dort enthalten ist, wieder etwas rauszunehmen, um Platz für die Geschichten der Anderen zu schaffen. Dabei entscheide ich mich manchmal auch für eine Perspektive, die gar nicht meine war.

Manche Künstler wählen für ihre Songs eine Art „lyrisches Ich“, bei Ihnen fällt auf, dass diese Grenzen verschwimmen. Wie viel Anna Loos steckt in den Texten?

Anna Loos: Wie schon gesagt, es geht vielmehr darum, warum ich bestimmte Dinge interessant oder bewegend finde und was diese Erlebnisse mit mir machen. Dazu muss ich sie nicht selbst erlebt haben. Manchen Dingen begegne ich auch durch andere Menschen und ziehe mir auf einer Reise durch meine Phantasie sozusagen ihre Mäntel an. Ihren Mann habe ich im Zuge seiner Tatort-Auftritte interviewt und mir gefällt seine Unangepasstheit, auch wenn das vielleicht nicht immer opportun für ihn zu sein scheint.

Stehen Sie da immer hinter ihm?

Anna Loos: Ich bin ja selbst kein Opportunist, und Dinge zu hinterfragen, die richtigen Fragen zu stellen, sich nicht fremdbestimmten zu lassen und das selbstständige Denken nicht aufzugeben, ist etwas, dass mich anzieht. Das Gegenteil lässt mich dann eher unberührt. Und mein Mann hat auf jeden Fall immer meinen Support.

Wie wichtig sind Diskurse für Sie als Paar?

Anna Loos: Diskurse sind sehr wichtig, wenn man sie nicht nutzt, um sich an ihnen abzuarbeiten oder zu erheben. Wenn jeder an seinen persönlichen Themen dran ist und man gemeinsam an den Diskursen arbeitet, ist man, denke ich, auf einem fairen Spielfeld unterwegs.

Tauschen Sie sich über Ihr „Bild in der Öffentlichkeit“ regelmäßig aus?

Anna Loos: Nein.

„Das Leben ist schön“ ist ein Satz, der wichtig ist und den man sich immer wieder präsent machen muss. Trotzdem sind die Menschen jeden Tag mit Angst konfrontiert, man hat fast das Gefühl, diese soll sogar geschürt werden. Wie machen Sie sich Mut?

Anna Loos: Ich bin mir bewusst, das mein Leben nicht von einer höheren Instanz geleitet wird, sondern das ich selbst der Schöpfer meines Lebens und meines Glücks bin. Wir vergessen manchmal, dass wir die Gesellschaft sind. Jeder von uns hat die Kraft, Dinge zu verändern, und viele kleine Veränderungen schaffen am Ende dann manchmal eben auch die ganz großen Veränderungen.

Die Menschen brauchen für die alltäglichen Probleme Kraft. Sehen Sie sich als Künstlerin auch in der Verantwortung, den Menschen Hoffnung, Mut oder Kraft zu geben?

Anna Loos: Natürlich, ich erzähle Geschichten, in denen die Menschen sich auch wiederfinden können. Meine Oma hat immer gesagt, geteiltes Leid ist kein halbes Leid, aber es ist Trost und mit dem Trost kommt die Hoffnung.

Das neue Album wechselt zwischen positiven Momenten und bittersüßer Melancholie wie in dem Song „Schatten“. Gehören beide Gefühle für Sie untrennbar zusammen?

Anna Loos: „Schatten“ war ein Experiment, vielleicht meine schwierigste Aufgabe auf diesem Album. Ich wollte einen Song schreiben, der von den dunkelsten Tagen erzählt, an denen man einfach nicht aus der Abwärts-Spirale herausfindet. In dem Song steckt aber auch all die Zuversicht, die ich in mir trage, dieses ganz kleine Licht, das bei mir immer brennt, von dem ich weiß, dass es immer da ist. Auch wenn unsere Leistungsgesellschaft uns anderes predigt, ich sage mit dem Song: Es ist in Ordnung, mal ganz unten, kraftlos, leer und schwach zu sein. Manchmal muss man sich diese Momente einfach auch mal gönnen.

So punkig wie auf dem neuen Album hat man Sie länger nicht gehört. Woher kommt diese Rückbesinnung auf Ihre musikalischen Wurzeln?

Anna Loos: Ich denke, jeder Künstler und jede Künstlerin ist eigentlich auf der Suche nach dem wahren Selbst. Ich bin auf meinem Weg.

Punk-Musik gilt gemeinhin als „stark politisch“, viele Bands tragen diese Attitüde wie eine Art Monstranz vor sicher her. Wie begegnen Sie dem?

Anna Loos: Eine Monstranz soll ja einen glänzenden Eindruck erwecken, ist irgendwie auch eine äußere Ablenkung, die gut verdecken kann, dass es eigentlich gar keinen Inhalt gibt. Bands wie Green Day und The Clash haben keine goldene Blendwerkzeuge, mit irgendwelchen Klunkern darauf nötig. Ich höre ihre Platten immer noch sehr gern.

Ich frage, weil sich die alten Links-Rechts-Klischees doch irgendwie ausgereizt haben, oder?

Anna Loos: Nein. Auch wenn es vielleicht bei manchen Punkten Parallelen gibt und die extremen Ausprägungen von beiden Seiten gefährlich sind und auch immer schon gefährlich waren. So würde ich doch sagen links bleibt links und rechts ist eben rechts.

Sie haben Erfolge sowohl als Solokünstlerin als auch als Sängerin der Kultband Silly feiern können. Wie bewerten Sie Ihre Zeit in der Band im Nachhinein?

Anna Loos: Es war eine wichtige, schöne und tolle, manchmal aber auch wahnsinnig anstrengende Zeit. Wir haben das Feld von hinten aufgerollt und unglaubliche Erfolge miteinander feiern dürfen. Ich bin sehr dankbar für diese Zeit und dafür, dass ich von Menschen, wie dem Texter Werner Karma, viel lernen konnte.

Silly hat mit neuen Sängerinnen Julia Neigel und Anna R. weitergemacht, mittlerweile ist auch Ex-City-Frontmann Toni Krahl mit von der Partie. Verfolgen Sie den Weg der Band noch?

Anna Loos: Ja, ab und an begegnet mir Silly und ihre Arbeit, ich freue mich, dass die Band so großartige Sänger gefunden hat.

Wo kann man Sie live sehen und wie sind die Konzerte angelegt?

Anna Loos: Ich werde live mit meiner Band einen Schritt nach vorn gehen und eine Schippe drauflegen. Ich habe das große Glück, mit außergewöhnlichen Musikern auf der Bühne zu stehen, auch dafür bin ich sehr dankbar. Wir spielen im September eine kleine Clubtour, auf die ich mich jetzt schon riesig freue.

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