24. März 1476: Bei der jährlichen Winteraustreibung im fränkischen Niklashausen erklärt der Hirte Hans Böhm den versammelten Bauern, eine Offenbarung gehabt zu haben. Die Mutter Gottes sei ihm erschienen und habe ihm aufgetragen, ihr Wort zu verkünden. Bald kommen tausende Bauern aus Sachsen, Bayern, Schwaben, Hessen und Thüringen nach Niklashausen, um seinen Reden zu lauschen. Er fordert die Abschaffung der Zwangsabgaben und eine Gleichstellung aller Menschen. Die Bauern sind begeistert, doch als der Bischof Böhm festnehmen lässt, bleiben sie passiv und hoffen auf ein Wunder ...
Nach der wahren Geschichte des Hans Böhm, der am 19. Juli 1476 in Würzburg auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurde, drehte das Regieduo Rainer Werner Fassbinder und Michael Fengler diese ungewöhnliche, radikal-antikapitalistische Gesellschaftskritik, die weder Raum noch Zeit unterworfen scheint. Als "Schwarzer Mönch", der Böhm in seinen revolutionären Gedanken bestärkt, läuft Fassbinder hier in Lederjacke und Jeans zwischen Figuren in historischen Kostümen durch die ländliche Gegend, in der auch schon mal ein VW-Bus gesichtet wird. Tatsächlich ist "Die Niklashauser Fart" eine frühe Auseinandersetzung Fassbinders mit der seinerzeit boomenden Studentenbewegung, die gegen überkommenes Obrigkeitsdenken kämpfte, sich später allerdings selbst atomisierte, indem sie entweder in den bewaffneten Kampf zog, den Weg durch die Institutionen wählte, sich auf Öko-Bauernhöfe zurückzog oder in eine (oft tödliche) Welt voller Drogen flüchtete. Ein bemerkenswertes, für einige Zuschauer aber sicher schwer verständliches Zeitdokument mit universellem Anspruch!
Foto: Kinowelt