Kriegsfilm von Clint Eastwood

"American Sniper": Die Kritik kommt nicht von ungefähr

von Max Trompeter

Clint Eastwoods Kriegsfilm "American Sniper" sorgte in den USA für hitzige Diskussionen – und angesichts seiner Inszenierung der Lebensgeschichte eines Scharfschützen muss man sagen: Kein Wunder!

ProSieben
American Sniper
Kriegsfilm • 03.12.2017 • 20:15 Uhr

Bei "American Sniper" (2014) handelt es sich ohne Frage um einen großartigen Kriegsfilm, spannend, ergreifend, echt. Doch ist er auch ein pazifistisches Statement, wie Regisseur Clint Eastwood behauptet? Im Mittelpunkt steht der Scharfschütze Chris Kyle, ein echter amerikanischer Held, dessen wahre Geschichte durch die Presse ging. Eastwood rückt ihn über zwei Stunden lang ins beste Licht. Das spaltet die Gemüter in den USA: Liberale kritisieren, konservative Kräfte feiern den Patriotismus des Films, der sich dem Rest der westlichen Welt ohnehin nur schwer erschließen wird. ProSieben beschert dem Werk nun seine Free-TV-Premiere im deutschen Fernsehen.

Ohnehin lassen Eastwoods künstlerische Motive den Zuschauer gerne ratlos zurück. Der überzeugte Republikaner reiht in seiner Regisseurs-Vita fabelhafte Werke aneinander, die auf ihre Weise Rassismus anprangern ("Gran Torino", 2008) oder amerikanische Kriege auch mal von einer fremden Warte aus zeigen ("Letters from Iwo Jima", 2006). Dass das rechte Lager in "American Sniper" dagegen eine patriotische Rechtfertigung für den "Krieg gegen den Terror" sieht, nannte er bei einer Pressekonferenz eine "dumme Analyse". Sein Film komme mit "der größten Anti-Kriegs-Aussage, die ein Film machen kann", wehrt er sich.

Bradley Cooper im Fokus

Sein pazifistischer Ansatz, sagt er, zeige sich vor allem in den Szenen, in denen Hauptfigur Chris Kyle jeweils nach seinen vier Einsätzen im Irak nach Hause kehrt. Tatsächlich offenbart Eastwood hier mit scharfem Blick, wie der, von der Einheit "Die Legende" getaufte, Soldat sich nicht wieder zurechtfindet, wie seine Familie an ihm und seiner Abwesenheit auseinanderzubrechen droht. Die Kameras halten wie im ganzen Film auf den aufgepumpten Hauptdarsteller Bradley Cooper. Jedes mechanische Geräusch bringt ihn in der Heimat aus der Fassung, ins Schwitzen. Sein Blick führt dann genauso angespannt ins Leere, wie er in den Kriegsszenen angespannt ins Zielrohr führt. Viel Platz für andere Charaktere bleibt da nicht. Weder den Kameraden noch seiner Frau Taya (Sienna Miller), die ihn anfleht, da zu bleiben, "wieder Mensch zu werden", gibt Eastwood Luft zum Atmen.

Natürlich hat Eastwood alle Hände voll damit zu tun, Chris Kyle zu porträtieren, den amerikanischen Kriegshelden, liebenden Vater und schließlich aufopferungsvollen Helfer hoffnungsloser amerikanischer Veteranen. Dass gleichzeitig der Feind, der reihenweise umgemäht wird, völlig ohne Gesicht gelassen wird – kein Wunder, warum sich "Moralisten" darüber grün und blau ärgern. Die Terroristen werden genauso gezeigt, wie die Soldaten untereinander über sie sprechen: Es handele sich um "das Böse", "Barbaren", die Unschuldige mit Akkubohrern abschlachten und foltern wie Wilde. Auf einen Einblick in die Motive der ohne Frage widerlichen Schandtaten von al-Qaida muss also verzichtet werden.


Quelle: teleschau – der Mediendienst

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