Yasmina Djaballah im Interview

Warum "Die Klempnerin" ihre Traumrolle ist

von Anke Waschneck

Mina Bäumer zögert nicht lange, um an ihr Ziel zu gelangen. Die Polizeipsychologin tritt schon mal unangekündigt und in Eigenregie eine Türe ein, raucht Gras mit einer Zeugin, um sie zum Reden zu bringen, oder springt mit einer Suizidgefährdeten von einem Hausdach. Die Protagonistin der neuen RTL-Serie "Die Klempnerin" (ab Dienstag, 12. Februar, 21.15 Uhr) ist kurzentschlossen und greift zu unkonventionellen Methoden.

Schauspielerin Yasmina Djaballah schwärmt von dieser Rolle in den höchsten Tönen, denn sie sei eine echte "Powerfrau". Die 47-Jährige fordert im Interview, dass es mehr starke, zentrale Frauenfiguren im deutschen Fernsehen geben sollte. Außerdem spricht die zweifache Mutter über die Streaming-Dienste und ihre komplette Social Media-Abstinenz.

prisma: Ihre Polizeipsychologin Mina Bäumer raucht schon mal Gras und tritt Türen ein ...

Yasmina Djaballah: Ja, sie arbeitet mit etwas unkonventionelle Methoden (lacht). Aber ich wusste sofort, dass Mina Bäumer eine Traumrolle ist. Sie ist lustig, lebendig und eine echte Powerfrau. Wir haben die gleiche Grundenergie und den gleichen Humor. Natürlich gibt es auch Unterschiede, aber man muss sich immer etwas ähnlich sein, sonst würde man nicht besetzt werden. So habe ich auch vom Autor, der Regie und den Mitwirkenden gehört, dass es sofort klar war, dass ich Mina werde.

prisma: Haben Sie zur Vorbereitung auch mit Polizeipsychologen gesprochen?

Djaballah: Ich habe mir sehr viele Bücher besorgt und mir so Wissen angelesen. Es gibt mehrere Ausbildungswege, wie man Polizeipsychologe wird: Das sind nicht immer studierte Psychologen mit einer Weiterbildung, auch Polizeibeamte können ein Zusatzstudium zum Polizeipsychologen machen. Die Arbeit unterscheidet sich von der eines normalen Psychologen, denn statt einer Langzeittherapie muss man bei der Polizeiarbeit mit Akutsituationen umgehen können. In brenzligen Momenten gilt es, ruhig und effektiv zu handeln.

prisma: Wenn Sie wirklich Polizeipsychologin wären, könnten Sie in solchen schwierigen Situationen ruhig bleiben?

Djaballah: Ja. Ich werde eher bei Kleinigkeiten hysterisch. Aber wenn es gefährlich wird, bin ich rational. Ich hatte in meinem Leben schon einige Situationen, wo ich danach dachte: "Wie hast du das bloß geschafft?"

prisma: Haben Sie ein Beispiel?

Djaballah: Ich bin mit 17 oder 18 Jahren mal im jugendlichen Größenwahn und Leichtsinn getrampt und bei einem Mann mitgefahren. Er hat auf der Landstraße angefangen seinen Arm um mich zu legen und anzudeuten, dass er ins Feld fährt. Mir sind die schlimmsten Szenarien durch den Kopf geflogen, dass ich jetzt vergewaltigt und zerstückelt werde. Trotzdem habe ich ganz ruhig gesagt: "Das klingt nett, aber wir könnten uns davor noch ein Getränk bei der Tankstelle holen." Darauf ist er eingegangen, und als wir bei der Tanke waren, bin ich sofort ausgestiegen. Ich bin nicht hysterisch geworden oder in Panik verfallen, sondern habe das sehr erwachsen gelöst. Zum Glück hat es geklappt, ihm etwas vorzuspielen.

prisma: Sie haben demnach schon früh Ihr Schauspieltalent entdeckt?

Djaballah: Meine ganze Familie ist Theaterbegeistert. Ich war schon als kleines Mädchen in diversen Opern und Theaterstücken und saß immer ganz entzückt da. Ich wusste schon sehr früh: Das will ich auch machen!

prisma: Sowohl als Schauspieler, als auch als Psychologe braucht man eine Menge Empathie. Denken Sie diese Fähigkeit kann man erlernen?

Djaballah: Ja. Empathie ist grundsätzlich eine sozial angelernte Sache. Es gibt Menschen, denen Empathielosigkeit diagnostiziert wird, aber ich glaube, wenn wir uns im Normalbereich ohne Persönlichkeitsstörung bewegen, kann jeder das Einfühlungsvermögen trainieren.

prisma: Denken Sie, es fehlt manchmal trotzdem die Empathie in der Gesellschaft?

Djaballah: Ja. Es ist immer schwer, sich in komplett fremde Dinge hineinzuversetzen. Das ist eine Menge Arbeit, hinzugucken, sich intensiv mit fremden Gedanken, Weltanschauungen und Gefühlen auseinanderzusetzen, um sie dann nachvollziehen zu können. Wenn man offen ist, dann lernt man sich in andere Blickwinkel hineinzuversetzen und erlernt damit auch Empathie.

prisma: "Die Klempnerin" ist eine Crimedy, eine Mischung aus Krimi und Komödie. Warum funktioniert dieses Konzept?

Djaballah: Es gibt unheimlich viele Krimi-Formate, die sich mit sehr düsteren Fällen und psychischen Abgründen befassen. Ich glaube, Krimis, die mit einer Dosis Humor gemischt sind, vermitteln eine Leichtigkeit und können damit überzeugen. Die Zuschauer sehen, dass man Probleme auch mal humorvoll lösen kann. Außerdem baut man, gerade wenn eine Polizeipsychologin im Zentrum steht, vielleicht die Berührungsängste mit psychischen Erkrankungen ab.

prisma: Mina ist aber nicht nur Polizeipsychologin ?

Djaballah: Mina ist eine alleinerziehende Mutter, die sich liebevoll um ihre Kinder kümmert, einen Job meistert, und auch das Liebesleben kommt nicht zu kurz. Sie kann das alles unter einen Hut bringen und bewahrt dabei die Ruhe. Die Hauptzielgruppe bei RTL ist weiblich, und so denke ich, dass die Serie auf jeden Fall funktionieren wird. Es ist wichtig und richtig, eine starke Frau ins Zentrum zu stellen.

prisma: Fehlen solche starken Frauenfiguren im deutschen Fernsehen?

Djaballah: Wenn man sich die Filmlandschaft oder auch die Theaterliteratur anschaut, zählt man deutlich mehr Männer als Frauen. Die Bewegung, mehr weibliche Protagonisten zu etablieren, ist nicht mehr neu, aber es geht trotzdem nur langsam voran. Wenn man eine Momentaufnahme macht, kann man sagen: Es braucht immer noch deutlich mehr Frauen! Aber letztendlich ist man als Schauspieler nur eine ausführende Kraft, die die Kunst eines anderen interpretiert. Wenn man aktiv etwas gegen das Ungleichgewicht machen möchte, müsste man selbst Drehbücher schreiben.

prisma: RTL zeigt immer wieder neue, selbstproduzierte Serien. Ist das die richtige Antwort auf die große Konkurrenz der Streaming-Dienste?

Djaballah: Ich denke, dass sich der Sender wieder ein Profil geben will. Die Streaming-Dienste haben den Markt verändert: Die Qualitätsansprüche der Zuschauer sind durch die Masse an hochwertig produzierten Filmen und Serien höher geworden, es werden mutigere Sachen umgesetzt, und der Markt ist insgesamt diverser geworden. Streaming-Dienste sind eine Konkurrenz für die Fernsehsender, und diese müssen nun mitziehen.

prisma: Schaffen es die Fernsehsender, sich qualitativ anzupassen?

Djaballah: Ja. In dem Rahmen, in dem sie das können, denn das ist immer eine Frage des Geldes. Bei Produktionen mit einem hohen Budget hat man länger Zeit, an Szenen zu feilen, denn es gibt mehr Drehtage. Der "Polizeiruf" hatte früher zum Beispiel 30 Drehtage, inzwischen sind es nur noch etwa 21. Das ist ein riesiger Unterschied.

prisma: Die Streaming-Angebote haben den ganzen Markt umgekrempelt ...

Djaballah: Meine Tochter ist 18 Jahre alt, für sie ist es absolut selbstverständlich, Serien schauen zu können, wann und wo sie möchte. Ich musste früher eine Woche warten, bis die nächste Folge ausgestrahlt wurde. Dadurch wandelt sich die Erzähldramaturgie, und die deutschen Produktionen müssen sich anpassen, wenn sie die jungen Leute ansprechen wollen. Auch die Qualität der Produktionen muss steigen, um die Zuschauer an das konventionelle Fernsehen zu binden.

prisma: Konsumieren Sie selbst noch lineares Fernsehen oder doch schon Netflix, Prime Video und Co.?

Djaballah: Ich wohne auf dem Land (lacht). Wenn meine Tochter netflixt, dann ist das Internet fürchterlich langsam. Ich finde es ganz entspannend, dass wir in Sachen Streaming zu Hause etwas abgehängt sind. Während der Arbeit in Köln, bin ich in den Genuss von Netflix gekommen und habe gleich gemerkt, wie streng man zu sich selbst sein muss, nicht eine ganze Serie bis tief in die Nacht durchzuschauen. Man hat das schier grenzenlose Angebot auf dem Silbertablett vor sich. Zu Hause habe ich kein Netflix, kann also auch nicht in Versuchung kommen. Ich möchte mein Leben schließlich nicht auf Serienkonsum auslegen.

prisma: Schauen Sie denn Ihre eigenen Produktionen im linearen Fernsehen an?

Djaballah: "Die Klempnerin" werde ich auf jeden Fall verfolgen, schon deshalb, weil ich, sollten wir eine zweite Staffel drehen, sehen möchte, was ich verbessern kann oder ändern muss. Aber es kommt auf die Produktion an, es gibt auch Filme von mir, die ich mir nicht anschaue.

prisma: Was sagen Ihre Kinder zu Ihren Produktionen?

Djaballah: Meine Tochter gehört zu der Generation, die US-Serien guckt. Sie schaut normalerweise keine deutschen Serien, in "Die Klempnerin" wird sie höchstens mal reinzappen, weil die Mama mitspielt. Man wird allerdings dann auch an amerikanischen Produktionen gemessen, das ist eine harte Konkurrenz (lacht).

prisma: Sie sind komplett Social Media abstinent. Drängen Ihre Kinder Sie nicht, sich auch facebook und Co. zuzulegen?

Djaballah: Ich kann nichts damit anfangen und sehe es als Zeiträuber. Wenn ich mit Menschen zu tun haben möchte, dann treffe ich sie persönlich. Ich kann nicht nachvollziehen, was die Menschen so an diesen Plattformen reizt.

prisma: Hat man als Star nicht fast schon eine Verpflichtung, seine Fans auch auf Social Media-Kanälen mit Infos zu versorgen?

Djaballah: Natürlich ist es interessant zu sehen oder zu lesen, was Prominente in ihrer Freizeit treiben, da ertappe ich mich auch mal bei einer gewissen Neugierde, wenn ich in einer Zeitschrift blättere. Wenn Menschen Freude daran haben, sich auf Social Media mitzuteilen, dann ist das vollkommen in Ordnung. Aber wenn ich von der Bühne abtrete oder ein Dreh vorbei ist, dann möchte ich lieber mal wieder alleine sein und mein Privatleben genießen. Ich kann es nicht verstehen, dass andere rund um die Uhr in der Öffentlichkeit stehen möchten und nach noch mehr Bestätigung suchen. Ich bin froh, dass ich die Affinität zu facebook, Instagram und Co. nicht habe, denn ich kann so viel Besseres mit meiner Zeit anstellen.


Quelle: teleschau – der Mediendienst

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