Fazit zur fünften Staffel

"House of Cards": Alles wie immer, nur ganz anders

02.06.2017, 07.44 Uhr
von Tobias Jochheim
Kevin Spacey als Frank Underwood in "House of Cards".
Kevin Spacey als Frank Underwood in "House of Cards".  Fotoquelle: Sky Deutschland / 2016 MRC II Distribution Company L.P. / David Giesbrecht

Das Polit-Drama "House of Cards" hat wegen US-Präsident Donald Trump reichlich Mühe, mit der Realität mitzuhalten. An Spannung fehlt es der fünften Staffel trotzdem nicht.

Mit dem größten denkbaren Cliffhanger war vor einem Jahr die vierte Staffel von "House of Cards" geendet: Der intrigante US-Präsident Frank Underwood (Kevin Spacey) und seine Frau Claire (Robin Wright) sind am Boden; ein hartnäckiger Reporter deckt ihre Untaten auf. "Wir werden die Wahl verlieren", bringt Underwood tonlos hervor, "und danach werden sie gegen uns ermitteln."

Doch dann kommt dem machtgierigen Paar eine Idee: "Mit Furcht können wir arbeiten", sagt sie, und er zitiert triumphierend Barack Obamas Wahlkampfslogan: "Yes, we can!" So reden sie den islamistischen Terror groß, um einen "totalen Krieg" zu rechtfertigen, als gigantisches, blutiges Ablenkungsmanöver von ihren eigenen Verfehlungen. In der letzten Szene nutzt Underwood das Markenzeichen der Serie; direkt an die Zuschauer gerichtet raunt er: "Wir unterwerfen uns dem Terror nicht. Wir erzeugen selbst Terror."

Wie sie das tun, zeigt die fünfte Staffel, die seit Dienstagnacht beim Pay-TV-Sender Sky läuft und auf dessen Online-Plattformen Sky On Demand, Sky Go und Sky Ticket komplett abrufbar ist: kalkuliertes Schüren von Angst und Hass, Lügen und Drohungen gegenüber der Presse, Missachtung der eigenen Fachleute, Verachtung für die Demokratie selbst. "Ihre Regeln und Ihre Untersuchungsunterschüsse interessieren mich nicht!", brüllt Underwood im Parlament, und: "Ich werde niemals weichen!"

Wettlauf mit der Realität

Alles ist wie immer in dieser Serie, so düster, zynisch, spannend - aber zugleich ist alles anders. Man kann "House of Cards" kaum noch als Satire genießen, seit das reale politische Geschehen in den USA die Fiktion teils ein-, teils sogar überholt hat. Mit Ausnahme von Mord durch den US-Präsidenten höchstpersönlich, versteht sich. Unglaubwürdigkeit durch derartiges Übertreiben war schon immer die Schwäche der Serie. Entsprechend groß ist das Dilemma der Macher in Zeiten, in denen schon die Realität selbst manchmal realitätsfern wirkt.

Dass Underwood seine First Lady auch zur Vizepräsidentin machen will, schien noch vor einem halben Jahr absurd. Heute ist der mächtigste Berater von Donald Trump dessen Schwiegersohn Jared Kushner. Und First Lady Melania übernimmt keine der traditionellen sozialen oder repräsentativen Aufgaben, lässt ihre Anwälte aber darüber fabulieren, wie sie als "eine der meistfotografierten Frauen der Welt" Millionen Dollar verdienen könnte, mit einer eigenen Modelinie etwa - wie sie ihre Tochter Ivanka längst besitzt.

Und so weiter und so weiter. Wie könnte Underwood Trumps kindische Psycho-Spielchen beim Händeschütteln toppen? Oder seine Waffendeals mit Saudi-Arabien? Die Macher der Serie sind gezwungen, diesen Wettlauf mitzumachen. Siegen können sie nicht.

In Kooperation mit RP ONLINE.

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