Bei "Anne Will"

Spahn warnt vor vorschnellen Lockerungen: "Virus wird nicht müde"

Gesundheitsminister Jens Spahn in der ARD-Talkshow "Anne Will" Rede und Antwort zu Lockerungsbedingungen, "No Covid" und Impfstoffbeschaffung.

Die Deutschen scheinen im Kampf gegen die Corona-Pandemie hin- und hergerissen. Manche Umfragen legen nahe, dass Öffnungen von Kitas oder Freizeitangebote gewünscht werden, andere zeigen vermeintlich, eine Mehrheit bevorzuge eine Verlängerung des Lockdowns. Der Wunsch nach einer langfristigen Perspektive ist jedenfalls definitiv groß. Gesundheitsminister Jens Spahn von der CDU verdeutlichte am Sonntag bei "Anne Will" jedoch, dass man in dieser Pandemie nur auf Sicht planen könne. "Ich weiß, alle haben Sehnsucht nach etwas, das hält, für sechs oder zwölf Monate. Aber das geht nicht."

Dafür sei das Virus einfach zu dynamisch und dementsprechend stetige Anpassungen nötig. Demgegenüber steht die Initiative "No Covid" um Virologin Melanie Brinkmann, die als Belohnung für sechs Wochen knallhartes Durchhalten ein Ende des Lockdown-Kreislaufs verspricht. "Dass wir sechs Wochen gar keinen Schritt gehen, sehe ich nicht", stellte hingegen der zugeschaltete Spahn klar. Dabei scheint er jedoch ganz klar die Auffassung zu teilen, dass die 7-Tage-Inzidenz so weit wie möglich unter 50 gedrückt werden müsse. Auf Nachfrage von Gastgeberin Anne Will erklärte er, dass es in Richtung 20 oder gar 10 gehen solle. "No Covid" fordert Inzidenzen von unter 10.

Dabei ist dem CDU-Politiker offenbar die aufkommende Corona-Müdigkeit der Bürger als Folge andauernder Maßnahmen bewusst. "Wir alle sind diese Pandemie leid", konstatierte Spahn, der dies auch an sich selbst und an seinem Umfeld merke. Nachlässigkeiten dürften aber auf keinen Fall passieren: "Das Virus wird nicht müde. Im Gegenteil, das Virus nimmt gerade nochmal Anlauf mit den Mutationen". Vollständig auszuschließen seien Infektionen eben nur bei Kontaktvermeidung. "Da, wo Kontakte entstehen, entsteht Risiko. Immer." Dieses Restrisiko bestehe unabhängig von der Qualität des vorliegenden Hygienekonzepts.

Verlängerung des Lockdowns wahrscheinlich

Das Ziel von deutlich unter 50 sei bis nächsten Sonntag nicht zu erreichen – damit deutete Spahn eine Verlängerung des Lockdowns an, der nach aktuellem Stand bis 14. Februar andauern soll. Im Anschluss unterstrich der CDU-Politiker Deutschlands Erfolge in der Pandemie-Bekämpfung. Die Bundesrepublik habe es im Vergleich zu Ländern wie Großbritannien, Italien oder den USA geschafft, das Gesundheitssystem trotz enormer Belastung nicht zu überlasten: "Das Grundsatzziel ist in dieser ganzen Pandemie seit zwölf Monaten auch das Gleiche." Dieses Vorhaben sei bisher gelungen. "Unser Gesundheitssystem hat diesen Stresstest überstanden."

Dabei diskutierte die Runde um Sahra Wagenknecht (Die Linke) und Ralph Brinkhaus (CDU) und auch über die weiterhin hohe Zahl von Covid-19-Todesopfern in den Pflegeheimen. Spahn verdeutlichte, dass jeder Tote einer zu viel sei, versicherte aber: "Wir haben bestmöglich auch immer wieder die rechtliche und auch finanzielle Grundlage geschaffen." Die Umsetzung sei vermehrt das Problem. Man hätte Zustände wie im Frühjahr vermeiden wollen, in denen Pflegeheimbewohner sich teils wie im Gefängnis gefühlt hätten.

Einen Unterschied im gesamten Pandemie-Geschehen würde laut Spahn definitiv das Impfen machen. Anne Will kam noch einmal auf die Impfstoff-Bestellung zu sprechen. Jens Spahn verteidigte ein Gesamteuropäisches Vorgehen – und stellte zudem heraus: "Ich behaupte, einen Vertrag mit Biontech-Pfizer gibt es unter anderem deswegen, weil Deutschland, weil wir im Gesundheitsministerium, immer wieder auch Druck gemacht haben." Des Weiteren berief sich der Gesundheitsminister auf ein "Spiegel"-Interview mit dem Biontech-Produktionsvorstand. Darin hieß es, auch mit mehr Geld und mehr Bestellungen hätte Ende letzten Jahres aufgrund komplizierter Produktionsschritte nicht mehr Impfstoff zur Verfügung gestanden.


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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