Dritte und letzte Staffel

"Legion": Jede Folge ist ein durchgeknalltes Filmkunstwerk

von Andreas Fischer

Auch die dritte Staffel der Marvel-Serie "Legion" – leider ist es die letzte – ist eine verstörende Ode an die Verrücktheit. Zum Glück.

Dass man als Zuschauer benommen und verwirrt ist, das gehört quasi zur DNA von "Legion". Die ersten beiden Staffeln der Serie aus dem "X-Men"-Universum waren aberwitzige, völlig enthemmte Trips in die Psyche eines vermeintlich Verrückten, der aufgrund seiner Fähigkeiten von Telepathie und -kinese zwischen Wahn und Wirklichkeit oszilliert. Immerhin ist dieser David Haller der Sohn von Professor X, einer zentralen Figur in den "X-Men"-Comics. Durch seine verstörenden Exzesse musste man auch als Zuschauer durch: Eigenwillig und unberechenbar hat sich Showrunner Noah Hawley ("Fargo") ziemlich wenig um Konventionen und Vernunft geschert. Das bleibt auch in der dritten und letzten Staffel dieses Serienwahnsinns so, den der Bezahlsender Fox ab 3. Juli zeigt.

David Haller (Dan Stevens, "Downton Abbey") will vieles wieder gut, zumindest aber anders machen, was in der Vergangenheit – ergo in den ersten beiden Staffeln – passierte. Jemand, der sich auf Zeitreisen versteht, käme ihm da zupass. Ein grosser Teil der Auftaktepisode gehört daher einer neuen Figur: Switch (Lauren Tsai), die von ihrem Vater weitgehend vernachlässigte Tochter eines asiatischen Geschäftsmannes, stolpert suchend durch das wirre Labyrinth einer großartig als psychedelischer Irrgarten inszenierten Großstadt.

Switch weiß zwar, dass die "Gegenwart kein Datum hat, sondern ein Gefühl ist" und kann schon Zeitportale öffnen, sie aber noch nicht wirklich gut darin, ihre besondere Begabung zu beherrschen. Das wird sich im Laufe der zehn Episoden freilich ändern müssen. Denn nicht nur Davids Ex Syd Barret (Rachel Keller) sinnt auf Rache, und die Regierung will ihn festsetzen. Oh, und dann sind da noch Zeitfresser ...

Natürlich ist es ein Jammer, dass Noah Hawley "Legion" nach drei Staffeln wirklich beendet. Andererseits ist es bemerkenswert, dass er wirklich aufhört, wenn's am schönsten ist. Und das ist das Finale von "Legion", das trotz der brillanten ersten beiden Staffeln ein komplexer, völlig irrer Trip bleibt, der mit ständigen Sprüngen durch verschiedene Zeit- und Bewusstseinsebenen (nicht nur) den Verstand des Publikums durcheinanderwirbelt.

Die unkonventionellen Inszenierungen der einzelnen Folgen erfinden das Serienformat quasi neu. Jede Episode ist für sich ein durchgeknalltes Filmkunstwerk, inszeniert von Regisseuren, die ganz offensichtlich genauso besessen und verrückt sind, wie die Figuren einer Serie, die man unbedingt noch einmal genießen sollte, bevor man sie schon bald vermissen wird.


Quelle: teleschau – der Mediendienst

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