BR-Reihe "Lebenslinien"

"Miroslav Nemec – Der Kommissar und ich": mitreißendes Porträt

von Wilfried Geldner

Viel ist vom "echten" Miroslav Nemec in seinen "Tatort"-Kommissar Ivo Batic eingeflossen. 81 Filme wurden bisher mit ihm und seinem Kollegen Udo Wachtveitl alias Franz Leitmayr seit 1991 gezeigt. Im "Lebenslinien"-Porträt erzählt Nemec sein wahres Leben.

BR
Lebenslinien: Miroslav Nemec – Der Kommissar und ich
Dokumentation • 24.06.2019 • 22:00 Uhr

Der Lebenslauf des Münchner Kommissars Ivo Batic, der in München zusammen mit seinem Kollegen Franz Leitmayr seit 1991 ermittelt, gehört gewissermaßen zum Kulturgut des "Tatorts" im Ersten. Wenn man jetzt das "Lebenslinien"-Porträt des am 26. Juni 1954 in Zagreb geborenen Schauspielers Miroslav Nemec sieht, eigentlich ein wunderbares Selbstporträt, dann meint man, es hätte noch viel mehr einfließen können in die Fiktion aus dieser aufregenden, so gar nicht leichten Vergangenheit. Als Kind hin- und hergerissen zwischen dem Geburtsort Zagreb und der zweiten Heimat im bayerischen Freilassing, fand Nemec erst spät zu sich selbst und konnte sich dann mit Eltern und Pflegeeltern versöhnen.

Ein unstetes Leben und doch eine vollkommen runde Geschichte: Zu Beginn des Films rudert Nemec mit seiner Frau und den Töchtern über einen See. Es habe ihm an Vertrauen gefehlt, so beginnt er seine Erzählung, die fast so etwas wie eine Lebensbeichte wird. Die Mutter gab ihn, nicht nur einmal, sondern mehrfach zur Großtante in Freilassing, bei der auch sie selbst schon als Kind aufgewachsen war. Der Bub, den sie dann dort in der Schule immer "Miroslav, Jugoslav" nannten, sollte es besser haben bei den Verwandten in Bayern, in deren Häuschen. Doch es wurde eben auch Dankbarkeit von der "Tante" eingefordert dafür. Und den Teergeruch des Sommers in Zagreb – "wie Parfüm!" – vermisste der Junge in der anderen Heimat genauso wie den Cousin Branko, der für ihn wie ein Bruder war.

Aber es gab nun ein Bad und eine Heizung. Selbst die alte Dachkammer ist noch da, in der Miro immer wohnen wollte, mit ihren Tapetenmotiven aus den 50er-Jahren und mit dem schwarzweißen Firmenschild des Ingenieurs Fritz Nemec irgendwo in der Ecke. Eine fabelhafte Kulisse, die im Film mit dem gleichfalls immer noch existierenden Hinterhaus in Zagreb verschmilzt und in der es sich, wenn man es kann, so wunderbar, so sonor und ergreifend von der Vergangenheit erzählen lässt.

Die mangelnde Elternliebe, so vermutet der Erzähler Nemec ganz ungeniert, habe ihn wohl später auch zu unsteten Beziehungen veranlasst. Aber es sind auch die Frauen, die als beredsame Zeuginnen diesem Lebensbericht den Atem geben. Abenteuerlich, wenn Schauspielerin Rita Russek, die Gefährtin zu Residenztheaterzeiten um 1980, von einer 70 Zentimeter schmalen Ikea-Matratze berichtet, die zu erweitern sofort als Affront gewertet worden sei. So richtig zur Ruhe kam Nemec erst später, als er seine Lebensgefährtin und jetzige Frau, die Filmstudentin Katrin fand und dann, 58-jährig, noch einmal Vater wurde. Gerne würde er seine leiblichen Eltern an seinem jetzigen Leben teilhaben lassen, doch die Mutter starb früh, 1993. Damals umarmte er den Vater zum ersten Mal und wusste: "Er hat es geschafft, mich zu lieben."

Zusammen mit Nemec, dem Hauptakteur, den Freunden und Frauen ist der Regisseurin Birgit Eckelt ein mitreißendes Porträt gelungen – trotz Pathos ganz ohne Weinerlichkeit. In einer Filmrolle sei es leichter, da könne man die Tränen fließen lassen, verrät Nemec, hier habe es hingegen gegolten, sich im Zaum zu halten. Noch immer tritt der am Mozarteum ausgebildete Musiker mit seiner Miro-Nemec-Band auf, mit der er einst kroatische Kriegswaisen unterstützte und deren Mitglieder auch im Film eine wichtige Rolle spielen.

Nachdem im kürzlichen "Tatort"-Krimi "Die ewige Welle" Udo Wachtveitl alias Franz Leitmayr als Ex-Surfer im Vordergrund stand, sendet der BR zum 65. eine Wiederholung der Folge "Wir sind die Guten" von 2009, in der Ivo Batic das Gedächtnis verloren hat und in Verdacht gerät, selbst ein Täter zu sein. Doch Leitmayr steht zu ihm und hilft, den Fall aufzuklären (BR, 25.06., 20.15 Uhr).


Quelle: teleschau – der Mediendienst

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