"Mit besten Absichten"

Von Müttern und Töchtern und allem dazwischen

von Anabel Schleuning

Die Tragikomödie "Mit besten Absichten" erzählt von der Beziehung zwischen einer Tochter und ihrer Mutter. Es entspinnt sich ein unterhaltsamer Tanz zwischen Nähe und Distanz.

VOX
Mit besten Absichten
Komödie • 01.06.2019 • 20:15 Uhr

Die Nähe beziehungsweise Distanz innerhalb der eigenen Familie – das ist schon so eine Sache. Vor allem wenn es um Mutter und Tochter geht. Die junge Drehbuchautorin Lori (Rose Byrne) lebt in Los Angeles – friedvoll und in Ruhe, bis zu dem Tag, an dem ihre Mutter Marnie (Susan Sarandon) beschließt, von New Jersey eben dorthin zu ziehen: extra für Lori, ganz und gar aus Liebe. Extra für Lori und ganz und gar aus Liebe stattet sie ihrer Tochter dann auch täglich nicht nur einen Besuch ab. Bringt Bagels, singt Lieder von Beyoncé, besucht die Therapeutin der Tochter und räumt in deren Beziehungsleben auf. Wunderbar fühlt sich Marnie, fast wie im Disneyland! Und Lori? Für die heißt es: Schluss mit friedvoll und in Ruhe! Sie fängt an, nervös zu werden, will Grenzen ziehen, ohne zu verletzen. In der Tragikomödie "Mit besten Absichten" (2016) von Lorene Scafaria, die VOX als Free-TV-Premiere ausstrahlt, beginnt ein Tanz aus Nähe und Distanz.

Zwei Welten prallen inmitten von L.A. aufeinander: hier die Mutter, Mitte 60, gezeichnet von spätpubertären Anwandlungen, Sorglosigkeit und Lebenslust; dort die Tochter, die versucht, ein eigenes Leben inklusive Beruf und Beziehung auf die Beine zu stellen. Ein bisschen sehr ernst und manchmal ein wenig verkrampft, wie Marnie findet. Diesen Kontrast zwischen den verschiedenen Lebensphasen herauszuarbeiten schaffen Susan Sarandon und Rose Byrne auf so charmante wie treffsichere Art und Weise.

Ein buntes Zusammenspiel von Musik und Bild gelingt – besonders dann, wenn Susan Sarandon in einigen Szenen ganz für sich alleine glänzt: Wie sie ein Brot mit Spiegelei verputzt, wie sie bei Nacht den Springbrunnen dirigiert. Tatsächlich wird es in Marnies Leben einsam, als ihre Tochter beschließt, "aus beruflichen Gründen" für ein paar Wochen nach New York zu gehen. Doch die Rentnerin weiß sich schnell zu helfen und ihre Liebe in andere Bahnen zu lenken. Mit dem Geld, das sie von ihrem verstorbenen Mann geerbt hat, sponsert sie kurzerhand der Freundin ihrer Tochter die Hochzeit. Der freundliche, farbige Apple-Berater kriegt sein Studium finanziert. Die alte, einsame Patientin im Krankenhaus, in dem Marnie hospitiert, wird mit Kuscheltieren überschüttet.

"Mit besten Absichten" lebt von heiteren Totalaufnahmen, und zwischenzeitlich wagt sich der Film dann auch näher heran. Erst ahnt man, dann erfährt man, dass die Beziehungen von Marnie sowie ihr überbordend positiver Aktionismus Ablenkungsmanöver sind, um die traurigen Kapitel ihres Lebens auszublenden. So auch den Tod ihres Ehemannes. Eine kleine Metamorphose beginnt, und langsam schält sich das Seelenleben von Marnie heraus. Sie nähert sich in vorsichtigen kleinen Schritten ihrer eigenen Verletzlichkeit, und mit jedem Schritt gewinnen die Beziehungen, die bislang von Oberflächlichkeit und spontanen Bagel-Besuchen geprägt waren, an Authentizität und Wahrhaftigkeit.

"Mit besten Absichten" präsentiert sich als buntes Werk, das überzeugendes Schauspiel darbietet und Geschichten über Beziehungen in Schieflagen zwischen Müttern, Töchtern, Männern und Apple-Beratern erzählt. Und auch wenn sich das vorherrschende Potenzial im Schatten dahindudelnder amerikanischer Gute-Laune-Manie nicht in vollen Zügen zu entfalten weiß, so erwartet einen doch ein Film voller Charme, Unterhaltung und einer Prise Sensibilität.

Im Herbst startet der nächste Film von Regisseurin Lorene Scafaria: In "Hustlers" schlüpft Sängerin und Schauspielerin Jennifer Lopez in die Rolle einer Ex-Stripperin, die mit einer Gruppe Gleichgesinnter während der Finanzkrise 2008 reiche Wall-Street-Kunden beklaut. Neben Lopez gibt Rapperin und Grammy-Gewinnerin Cardi B ihr Filmdebüt. Außerdem sind Lili Reinhardt ("Riverdale"), Julia Stiles ("Bourne"-Filmreihe) und Keke Palmer mit dabei. Ab 13. September ist der Film in den USA in den Kinos zu sehen. Ob und wann er in Deutschland startet, ist noch nicht bekannt.


Quelle: teleschau – der Mediendienst

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