Katharina Wackernagel im Interview

"Stralsund – Blutlinien": Bei Nina Petersen ist noch mehr drin

04.05.2020, 08.00 Uhr
Katharina Wackernagel.
Katharina Wackernagel.  Fotoquelle: ZDF / Gordon Timpen

Katharina Wackernagel hat im Stralsund-Krimi "Blutlinien" ihren 16. Auftritt als Kommissarin Nina Petersen. prisma hat sie verraten, was sie ihrer Krimi-Figur voraus hat, was für sie die magische Zahl 40 bedeutet und warum sie sich mehr Mut im deutschen Fernsehen wünscht.

TV-TIPP

"Stralsund – Blutlinien"

Samstag, 9. Mai

20.15 Uhr

ZDF

Frau Wackernagel, die 16. Folge der Stralsund-Krimi-Reihe "Blutlinien" mit Ihnen als Kommissarin Nina Petersen ist am Samstag zu sehen. Macht das nach 16 Folgen immer noch Spaß?

Katharina Wackernagel: Was genau meinen Sie? Nina Petersen spielen oder Stralsund?

Fangen wir mal mit Nina Petersen an.

Ich bin da im engen Austausch mit den Produzenten und Drehbuchautoren, damit es auch eine kleine horizontale Ebene gibt, auf der sich unsere Charaktere entwickeln können, abseits der reinen Ermittlungen. Ich finde, dass da gerade die Grundgeschichte von „Blutlinien“ eine schöne Verbindung ermöglicht, da es auch um Nina Petersens Vergangenheit geht, weil sie das Opfer kannte und weil es auch um ihre eigene Vergangenheit geht. Ich finde es reizvoll, wenn die Figur in einem solchen Spannungsverhältnis agiert und bin für sie immer auf der Suche nach solchen Momenten. Es macht mir generell nach wie vor viel Spaß, gemeinsam mit Alexander Held, der ein toller Partner ist, unsere Figuren zu entwickeln. Die Reihe bietet uns dafür einen schönen Rahmen. Und Stralsund selbst mag ich auch nach wie vor.

Hat sich Nina Petersen denn ausreichend entwickelt?

Wenn ich darüber nachdenke, spielt mit hinein, dass ich Nina Petersen seit zehn Jahren spiele und in meinem echten Leben auch zehn Jahre vergangen sind. Ich denke, da könnte sie sich durchaus noch mehr entwickeln. Klar, wie haben sie in Phasen von Beziehungen gesehen, den Verlust des Vaters und den Verlust des Kindes – Blitze ihrer Biografie. Aber so, wie ich 40 geworden bin, ist Nina Petersen ja auch 40 geworden. Und ich glaube, da könnte auch noch ein größerer Wendepunkt in ihrer Entwicklung kommen. Bei Frauen ist ab 40 einfach noch etwas anderes los.

Das heißt, dass Sie über 40 sind, beschäftigt Sie auch persönlich?

Ich denke, man fängt in dem Alter an, nochmal mehr zu reflektieren. Macht sich Gedanken: Wer bin ich? Warum bin ich so geworden? Bin ich damit zufrieden? Bei mir ist das vielleicht ausgeprägter, denn ich habe früh angefangen, zu drehen und habe mein eigenes Erwachsenwerden gespielt, bevor ich selbst erwachsen geworden bin. Das war nicht leicht, weil ich immer dachte, ich müsste schon weiter sein. Ich war mir also durch das Schauspielen selber einen Schritt voraus. Mit 40 reflektiert man aber auch anders. Mir wurde klar: Ich werde keine Kinder haben und habe trotzdem eine große Familie, und das ist in Ordnung so.

Ihre Mutter war Schauspielerin, Ihre Großmutter auch. War für Sie schon immer klar, dass Sie Schauspielerin werden wollen?

Ja, ich wollte schon immer Schauspielerin werden. Nicht, dass ich mich erinnern könnte, aber so haben es mir meine Eltern erzählt. Ich habe schon mit vier, fünf Jahren gesagt: Ich werde Schauspielerin. Mit sieben habe ich meine eigene Theatergruppe gegründet und stand seitdem immer auf der Bühne. Mit 17 habe ich angefangen, zu drehen, und seitdem war das ja mein Beruf.

Und etwas anderes kam nie in Frage?

Nein, was nicht heißen soll, dass ich nicht auch mit dem Beruf gehadert habe, besonders, weil man in ihm nicht immer unabhängig agieren kann. Man ist durch die Art der Rollen, die es zu besetzen gibt, eingeschränkt davon, wer gesucht wird, wen die Produzenten besetzen wollen und was der Regisseur vorhat. Ich bin ein ziemlich eigenständiger Mensch und mag es gar nicht, auf andere angewiesen zu sein. Aber mittlerweile habe ich damit meinen Frieden geschlossen. Dabei hat mir auch mein Regiedebüt geholfen.

Sie haben beim Kurzfilm "Think Positive" und beim Film "Wenn Fliegen träumen" Regie geführt. Wollen Sie das nochmal machen?

Das Regieführen hat mir auf jeden Fall in vielen Bereichen die Augen geöffnet. Und ich würde es gerne nochmal machen, doch ein zweites Standbein wird es für mich wohl nicht werden, das Schauspielern steht für mich an erster Stelle. Ich habe aber ganz viel gelernt, erkannt und auch den einen oder anderen Fehler gemacht. Einiges würde ich beim nächsten Mal dann anders machen. Momentan gibt es aber kein konkretes Projekt.

Was würden Sie sich fürs deutsche Fernsehen wünschen?

Mut und Risikobereitschaft. Wobei man das Risiko da, glaube ich, schon fast in Anführungsstriche setzen kann. Ich würde mich freuen, mal Genres zu sehen, die es momentan nicht gibt, weil sie keinen regelmäßigen Sendeplatz haben. Wir haben viele Filme, die unter die Rubrik Familienkomödie fallen – und unendlich viele – auch sehr gute – Krimis. Aber was ist mit Psycho-Thrillern, mit Mystery-Thrillern, Tragikomödien oder einfach mal komplett skurriler Komik? Die könnten sich ja auf einem Sendeplatz abwechseln. Vielleicht würde dann der, der sonst wenig Fernsehen sieht, sagen: Ich schalte am Dienstag mal ZDF oder am Donnerstag mal ARD ein, da bringen sie immer eine Überraschung. Außerdem würde ich mich freuen, wenn man uns Schauspielern mehr zutrauen würde.

Wie meinen Sie das?

Wenn ich mit Zuschauern rede, sagen die: Du spielst immer so ernste Rollen, warum machst du nicht mal was Lustiges? Und wenn ich dann mal eine Komödie mache, sagen sie: Ach, endlich mal was Lustiges, sonst bist du immer so ernst. Ich will mich nicht beschweren, ich habe tolle ernste Rollen, aber das heißt nicht, dass man immer ernste Rollen spielen muss.

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