Hochglanz-Serie mit Matthias Schweighöfer

Zweite Staffel von "You Are Wanted": Edel aber austauschbar

von Maximilian Haase

Lange schien Deutschland, wie so oft im Entertainment-Geschäft, ein wenig hintendran. Während US-amerikanische, britische und skandinavische Serien durchstarteten, wagte man sich im Land des Fernseh-Konservatismus nur zaghaft in die Höhle der Streaming-Giganten. Bis Matthias Schweighöfer kam. Noch vor "Dark", "Babylon Berlin" und Co. schuf der 37-Jährige mit "You Are Wanted" die erste und hierzulande bislang meistgestreamte Amazon-Serie überhaupt. Beim Publikum kam die Staffel eins des Hacker-Thrillers sehr gut an, positive Kritiken gab es vor allem international. Grund genug für eine zweite Staffel (ab 18. Mai 2018), die ihre Weltpremiere konsequenterweise in Hollywood feierte. Weltgewandt und kosmopolitisch gibt sich die Fortsetzung umso mehr – woraus aber auch folgt, dass die Eigenproduktion nun zum beliebigeren Action-Thriller geraten könnte.

"Ist unglaublich irreal, die Premiere hier in Los Angeles zu feiern", strahlte Schweighöfer beim Einstand in Los Angeles. In den Vereinigten Staaten hat "You Are Wanted" bereits eine große Fangemeinde: 22 Prozent der Zuschauer streamten aus den USA. Doch trotz gemischter Kritiken nahm man das Experiment des sonst eher im leichten Comedy-Fach verorteten Schauspielers auch hierzulande an. Keine andere Serie wurde bisher bei Amazon Prime in Deutschland und Österreich mehr gestreamt.

Dabei zog einerseits der große Name des Tausendsassas Schweighöfer, der neben der Hauptrolle auch Produktion, Skript und Regie übernahm. Zum anderen wirkte die Story um den Allerweltstypen und Familienvater Lukas Franke (Schweighöfer), dessen Leben aufgrund der digitalen Überwachung durch eine unbekannte Macht völlig aus den Fugen gerät, wenn auch nicht neu, so zumindest für hiesige Verhältnisse frisch und ungewohnt inszeniert. Trotz manchem Plot-Loch und zahlreichen Klischees überzeugte "You Are Wanted" mit weltgewandter Spannung und fesselnder Dramaturgie, die sich vor internationalen Schwergewichten kaum verstecken musste.

Mitreißender Hochglanz-Thriller

Zugleich wurde auch klar: Von brillanten US-Serien wie "Mr. Robot", in der experimentell aus der Perspektive eines Hackers erzählt wird, ist "You Are Wanted" dennoch weit entfernt. Die nachvollziehbarere Geschichte aus der Sicht des Hacking-Opfers verknüpft Schweighöfer, der in Staffel zwei zumindest die Regie abgibt, mit einem leicht verständlichen Action-Zugang samt glänzender Hightech-Optik. Diesen Weg geht der Berliner nun konsequent weiter: Auch die sechs neuen Episoden versprechen einen mitreißenden Hochglanz-Thriller mit international verständlicher Verschwörungshandlung.

Schien sich das Blatt für Lukas Franke am Ende von Staffel eins endlich zum Guten gewendet zu haben, geht der Albtraum für ihn und seine Frau (Alexandra Maria Lara) von Neuem los. Das alles verändernde Programm "Burning Man", mit dem Daten gesammelt und Identitäten manipuliert werden können, befindet sich plötzlich nicht mehr in Frankes Hand. Wie das passieren konnte, wird mit einem, nun ja, recht billigen Erzähltrick erklärt: Die Hauptfigur erinnert sich einfach an nichts mehr. Sein Gedächtnis: verschwunden. So kann die wilde Jagd auf das geheime Programm in Staffel zwei wieder von vorne losgehen.

Begehrt ist es schon in der ersten Folge allemal: Alle wollen "Burning Man". Hacker und Aktivisten sind deshalb ebenso wie Gangster und Geheimdienste hinter Franke her. Dass auch seine Familie in Gefahr ist, erfreut seine ihm schon lange entfremdete Frau Hanna natürlich umso weniger. Kurzerhand nimmt sie, toll gespielt von einer ungewohnt actionlastigen Alexandra Maria Lara, ihre Geschicke zum Schutz der Kinder selbst in die Hand. Zwischen einem flirrenden Berlin und verschwörerischen US-Geheimdienstlern, zwischen Dialogen in Deutsch und Englisch, gönnt sich die Handlung keine Pause. Neu mit dabei sind Jessica Schwarz und der US-Amerikaner Michael Landes.

Kosmopolitische Spannung, edel inszeniert: So könnte man die zweite Staffel "You Are Wanted" kurz umschreiben. Böswilliger könnte man auch sagen: klischeehaftes Actionfeuerwerk, oberflächlich geschrieben und beliebig durch US-Produktionen austauschbar. Je nach Erwartung, je nach Anspruch, trifft beides zu. Was Matthias Schweighöfer in jedem Fall herausragend versteht, ist die qualitative Annäherung hiesiger Produktionen an einen internationalen Mainstream-Thrillerstandard, dem Deutschland bislang kaum gewachsen war.


Quelle: teleschau – der Mediendienst

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