Wie realistisch ist der Film "Cocaine Bear"?

Wird ein Bär auf Kokain zum mordenden Monster? Ein Tierexperte erklärt

17.04.2023, 19.17 Uhr
von John Fasnaugh

Nachdem ein Bär eine gesamte Flugzeugladung Kokain durch seine riesige Nase gezogen hat, wird er zur Bestie – das ist die Handlung des Kinofilms "Cocaine Bear". Aber haben Drogen auf Tieren wirklich solche Effekte? Dr. Mario Ludwig, der "Experte für alles Tierische", erklärt es.

Der Bär und das Koks: In einem neuen Kinofilm von Regisseurin Elizabeth Banks kommt zusammen, was nicht zusammengehört. Oder? "Cocaine Bear" (im Kino) erzählt basierend auf einer "wahren Geschichte" von einem Bären, der sich durch mehrere von einem Schmuggler abgeworfene Päckchen Kokain frisst und dann zur blutrünstigen Bestie wird – "ein Apex-Predator, high auf Koks, ein Wahnsinniger", heißt es im Film. Dr. Mario Ludwig, der "Experte für alles Tierische" (aktueller Podcast "Wie die Tiere", Radio Bremen), erklärt im Gespräch mit der Nachrichtenagentur teleschau, was er von der Idee hinter "Cocaine Bear" hält und wie empfänglich (manche) Tiere für Rauschmittel sind.

Kann ein Bär auf die gleiche Art gefallen am Kokain-Konsum finden wie ein Mensch? "Ja, Bären stehen offensichtlich ein bisschen auf Rauschmittel", erklärt Dr. Ludwig und verweist auf einen zumindest vergleichbaren Vorfall, der sich vor einigen Jahren in Russland zutrug. "2013 haben Kamtschatka-Bären herausgefunden, dass sie sich in rauschartige Zustände versetzen können, wenn sie Kerosin schnüffeln."

An das Kerosin gelangten die Bären durch menschliche Hilfe beziehungsweise Unbedarftheit: Die Wildhüter der Kamtschatka-Halbinsel hatten die Kerosinfässer, die sie zum Betanken ihrer Hubschrauber benötigten, einfach offen herumstehen lassen. Die Bären kamen immer wieder, um sich eine Nase voll Treibstoff zu genehmigen, und wurden "mit der Zeit regelrecht Kerosin-süchtig". "Das ging so weit, dass die Bären startenden Hubschraubern verzweifelt hinterherrannten, um an die wenigen Tropfen Kerosin heranzukommen, die beim Start aus dem Motorblock tropften."

Der Kerosin-Bär wurde schließlich zum Problem-Bären. Die russische Regierung, schildert Dr. Ludwig die damaligen Ereignisse, musste die Fässer irgendwann "wegschließen, sodass die Bären keinen Zugriff mehr hatten. Schließlich ist der Bär das russische Wappentier und wer möchte schon ein drogenabhängiges Wappentier." Nach dem "kalten Entzug" seien die entsprechenden Bären heute aber "clean".

Rentiere, Delfine, Meerkatzen und die Lust am Rausch

Nun ist Kerosin kein Koks, aber dass ein Bär nach dem ersten Kokain-Konsum mehr wolle und entsprechend der Handlung in "Cocaine Bear" so etwas wie eine Sucht entwickeln könnte, hält Dr. Ludwig in der Realität "durchaus" für denkbar. Auch der echte Kokain-Bär habe offensichtlich "Spaß am Koks" gehabt. Von der Grundidee, dass der Bär auf der Leinwand zum blutrünstigen Monster wird, hält der promovierte Biologe und Autor indes wenig: "Das hätte man sich wirklich schenken können. Das stellt Bären in eine Ecke, in die sie nun wirklich nicht gehören. Da wurde ein Tier zugunsten eines Gruseleffekts geopfert."

Im weiteren Gespräch hält Dr. Ludwig dann auch fest: Nicht nur Kamtschatka-Bären, sondern viele weitere Tiere lieben es, zugedröhnt zu sein. "Rentiere fressen in Skandinavien sogenannte 'Magic Mushrooms', Kängurus verzehren die Kapseln von Schlafmohn. Delfine nutzen das Gift von Kugelfischen, um high zu werden, Elche und Vögel fressen vergorenes Obst." Unter Tieren mit Lust am Rausch gibt es zuweilen sogar so etwas wie Beschaffungskriminalität. Ein kurioses Beispiel, das Dr. Ludwig anführt: "Auf der Karibikinsel St. Kitts haben sich Meerkatzen auf Cocktaildiebstahl spezialisiert."

Wohin exzessiver Drogenkonsum aber auch bei Tieren führen kann, zeigte der reale Vorfall, der zum Horrorfilm "Cocaine Bear" inspirierte, und das auf tragische Weise: Der Schwarzbär, der sich 1985 im US-Bundesstaat Georgia durch 40 aus einem Flugzeug abgeworfene Päckchen Kokain schnüffelte, verendete noch am Ort des Geschehens (Überhitzung, Atemstillstand, Schlaganfall, Herzinfarkt). Heute steht das Tier ausgestopft in einem Einkaufszentrum in Kentucky.


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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