Was kann RomCom 2024?

Sydney Sweeney in Sydney – Kritik zur Liebeskomödie „Wo die Lüge hinfällt“

29.01.2024, 12.52 Uhr
von Gregor-José Moser
Für wen lohnt sich "Wo die Liebe hinfällt"?
Für wen lohnt sich "Wo die Liebe hinfällt"?  Fotoquelle: picture alliance / Everett Collection | ©Sony Pictures/Courtesy Everett Collection

Anziehung, große Gefühle, Witz – und ein paradiesisches Hochzeitswochenende in Australien. Genau das verspricht die Romantikkomödie „Wo die Lüge hinfällt“. Für Genrefans interessant, aber für alle anderen?

Ach ja, Romantikkomödien. Die einen lieben sie, die anderen rollen allein bei dem Wort schon genervt mit den Augen. Das liegt womöglich auch an den zahlreichen Genre-Klischees, mit denen das Publikum in Liebeskomödien regelrecht bombardiert wird. Entweder sagt einem das zu oder eben nicht. Deshalb folgt an dieser Stelle eine inhaltlich zweigeteilte Kritik. Erst für die Fans des Genres, im Anschluss für diejenigen, die damit weniger, bis gar nichts anfangen können. Vorher gibt es natürlich noch eine kurze Inhaltsbeschreibung. Wer auch die Gegenseite mal verstehen möchte, kann sich natürlich gerne alle Abschnitte durchlesen. Viel Vergnügen!

Darum geht es in „Wo die Lüge hinfällt“

Die Jurastudentin Bea (Sydney Sweeney) macht gerade keine einfache Zeit durch. Sie hadert mit ihrem Studium, ihr Freund und sie stecken mitten in einer Beziehungspause. In einem Café lernt sie den charmanten Ben (Glen Powell) kennen, der ein paar Jahre älter ist. Nach einem fantastischen ersten Date kommt es jedoch zu einem Missverständnis, wegen dessen sich ihre Wege vorerst trennen. Nach einiger Zeit treffen sie zufällig wieder aufeinander – und werden schließlich sogar beide zur selben Hochzeit eingeladen. Bea und Ben sind wegen des Missverständnisses nicht sonderlich gut aufeinander zu sprechen. Dennoch beschließen sie für die Dauer des Hochzeitswochenendes eine gemeinsame Beziehung vorzutäuschen, wofür sie jeweils ihre eigenen Gründe haben.

Lohnt sich „Wo die Lüge hinfällt“ für Genre-Fans?

Alltag, private Sorgen und die Weltlage: Manchmal wird einem alles einfach zu viel. Umso wichtiger ist es, regelmäßig auf andere Gedanken zu kommen. Einfach mal zurücklehnen, abschalten und Spaß haben. Genau für solche Momente gibt es glücklicherweise die passende Unterhaltung. Für manche können das Actionfilme sein, für andere eben RomComs. Ein Genre, das seinen Fans ein klares Versprechen gibt. Die Gute Nachricht: „Wo die Lüge hinfällt“ (im Original: „Anyone but you“) hält dieses Versprechen ein. Im Wesentlichen bekommen wir genau das, wofür wir uns das Kinoticket geholt haben. „Wo die Lüge hinfällt“ hinfällt beschert uns eine klassische Liebesgeschichte mit emotionalen Aufs und Abs. Die Charaktere sind allesamt auf ihre eigene Art liebenswürdig – von den überfürsorglichen Helikoptereltern, über den überdrehten besten Freund bis zum schrägen Surfer Boy. Für wen diese klassischen Figuren nicht fehlen dürfen, der ist bei „Wo die Lüge hinfällt“ bestens aufgehoben.

Obendrein sind Sydney Sweeney und Glen Powell ein überzeugendes Leinwandpaar. Das Schauspiel ist einwandfrei, die Chemie zwischen den beiden stimmt durch und durch. Auch ist das Setting ein echter Hingucker. Die Hochzeit findet nämlich im australischen Sydney statt. Die Unterkunft befindet sich direkt am Strand – Urlaubsgefühle sind da vorprogrammiert. Auch wenn offenbar nicht alle entsprechenden Szenen dort gedreht worden sind, kann der Film mit seiner Optik im Großen und Ganzen überzeugen. In Kombination mit einem eingängigen Gute-Laune-Soundtrack macht „Wo die Lüge hinfällt“ eine Menge Spaß.

„Wo die Lüge hinfällt“ aus Sicht von RomCom-Skeptikern

Wer mit RomComs wenig oder gar nichts anfangen kann, bei dem wird „Wo die Lüge hinfällt“ auch nicht großartig etwas daran ändern. Klischeehafte Figuren und eine Story, die weitestgehend den „Regeln“ des Genres entspricht – wer genau das sonst an RomComs kritisiert, wird das bei „Wo die Lüge“ hinfällt ebenso kritisieren. Immerhin finden sich hier und da ein paar Lichtblicke. Die Romantikkomödie kommt immerhin hier und da in einem etwas modernerem Gewand daher. Vor allem sind die Figuren diverserer als das noch vor einigen Jahren der Fall gewesen wäre. So ist etwa die zentrale Hochzeit die Heirat von Beas Schwester mit deren Freundin. Hier drängen sich einem gemischte Gefühle auf. Einerseits wirkt es so, als müssten gewisse Figuren als reines Aushängeschild herhalten, um Publikum und Presse zu zeigen, wie fortschrittlich man doch sei.

Vor allem weil ansonsten altmodische/klassische Vorstellungen dominieren. Sei es das Ideal der lebenslangen Ehe oder auch Körperideale – denn mal wieder sind alle Figuren normschön. Andererseits dürfte es einigen Menschen viel bedeuten, dass sie sich in „Wo die Lüge hinfällt“ repräsentiert sehen und auch in Hollywoodproduktionen langsam aus dem Schatten herausrücken. An ein oder zwei Stellen überrascht uns das Drehbuch zudem, spielt geschickt mit unseren Erwartungen und löst die Situation dann anders auf. Hier bricht „Wo die Lüge hinfällt“ bewusst mit Genreklischees und macht sich sogar über sie lustig. Allerdings hätte es schon deutlich mehr von solchen Momenten gebraucht, um wirklich ins Gewicht zu fallen. So bleibt es leider bei den wenigen, kurzen Ausreißern. Nicht zuletzt ist der Grundkonflikt wenig glaubhaft und wirkt künstlich aufgebauscht.

Ein Genre ohne Weiterentwicklung?

Auch Freundinnen und Freunde von Romantikkomödien können wohl nur schwer leugnen, dass es sich bei RomComs nicht gerade um das innovativste Genre handelt. Ein Vorwurf, den sich zuletzt etwa auch „The Beekeeper“ für Actionfilme gefallen lassen musste. Beide Genres werden gerne mal mit einem „Was hast du denn erwartet? Das ist halt ein Actionfilm/eine RomCom.“ verteidigt. Können wir denn von manchen Genres wirklich nicht erwarten, dass sie mehr wagen und von ihrer altbekannten Formel ein wenig abweichen? Dass sie nicht immer die im Wesentlichen selbe Handlung mit denselben Etappen erzählen? Was steht dem denn entgegen – abgesehen von den wirtschaftlichen Interessen der großen Hollywoodstudios, die kein Risiko eingehen wollen? Warum sollten sie auch, wenn sich mit diesen Formeln noch immer so viel Geld verdienen lässt? Immerhin bei Superheldenfilmen zeichnet sich mit Blick auf die verkauften Kinotickets eine gewisse Müdigkeit ab. Das zeigt doch deutlich: Wir selbst haben es in der Hand – unterstützen wir den Weg Hollywoods oder wollen wir gerne häufiger überrascht werden?

„Wo die Lüge hinfällt“ („Anyone but you“) läuft seit dem 18. Januar 2024 in den deutschen Kinos.

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