Sänger auf Deutschland-Tournee

Robin Hood, Rummenigge und die Reds: Chris de Burgh im Interview

27.06.2022, 14.26 Uhr
von Marcus Italiani
Chris de Burgh ist endlich wieder zurück auf deutschen Bühnen.
Chris de Burgh ist endlich wieder zurück auf deutschen Bühnen.  Fotoquelle: GettyImages / Andreas Rentz Staff

Chris de Burgh ist ab dem 5. Juli wieder auf Deutschland-Tournee. Diesmal mit einem Solo-Programm, zu dem wir den Superstar persönlich befragten.

Chris de Burgh, wie nervös sind Sie nach so langer Zeit, in der an Konzerte und Tourneen kaum zu denken war?

Chris de Burgh: Ich bin eigentlich nie nervös, sondern immer sehr ruhig. Aber die Umstände sind natürlich besonders. Zwischen dem letzten Auftritt vor Corona in Antwerpen 2019 und dem ersten Gig in Köln vergangenen Sommer lagen ganze 829 Tage, an denen mir von der Regierung gesagt wurde, ich könne nicht arbeiten. Das war schon komisch. Dazwischen habe ich einige dieser Strandkorb-Konzerte gespielt, aber die haben eigentlich keinen großen Spaß gemacht. Aber im Grunde habe ich mir immer eine Beschäftigung gesucht, die mich von der Situation ablenkt. Wie zum Beispiel die Arbeit am Musical "Robin Hood" in Fulda.

Wie viele Shows wird es zu diesem Musical geben?

Oh, es sind alleine 180 Aufführungen im wunderbaren Fuldaer Schlosstheater bis Mitte Oktober geplant. Danach wird es unter anderem noch nach Linz und München gehen.

Ab dem 5. Juli kann man Sie dann endlich live mit einem ganz besonderen Programm erleben.

Es ist eine Solo-Tour. Das wird großartig, denn Solo-Konzerte sind sehr viel intimer als Auftritte mit Band und großer Anlage. Zwischen den Songs erzähle ich Geschichten zu den Liedern, die ersten Ideen, die ich hatte, als ich sie schrieb. Es unterscheidet sich sehr von einem Auftritt mit Band. Es macht viel Spaß mit einer Band, auch weil man viel mehr Lärm machen kann (lacht). Wenn man solo unterwegs ist, dann ist man auf das Publikum angewiesen. Die Besucher sind sozusagen die Backing-Band. Für mich ist das wunderbar, ich fühle mich sehr wohl mit dieser Situation, denn solo habe ich die volle Kontrolle. Ich kann die Setlist ändern, wenn mir danach ist. Ich kann auf Publikumswünsche eingehen. Es ist die totale Freiheit.

Ähnlich frei fühlen Sie sich für gewöhnlich auch als Supporter ihres Lieblings-Fußballvereins FC Liverpool.

Oh ja – ich bin ein Riesen-Fan von Jürgen Klopp: Welch ein Typ! Ich kann mich so darüber ärgern, dass wir um einen Punkt an der Meisterschaft vorbeigeschrammt sind. Mein jüngster Sohn Michael arbeitet seit sieben Jahren für die Reds. Ich versuche, das Team zu unterstützen, wo ich kann. Aber gerade bei den großen Events wie dem Champions League-Finale macht die UEFA es einem sehr schwer. Sie buchen alle Hotels in der Ausrichterstadt und verdienen dann an der Vermietung der Zimmer, deren Preise logischerweise überproportional erhöht werden. 2005 wollte ich mit meiner Familie das Finale in Istanbul schauen. Aber jedes Hotelzimmer war bereits von der UEFA belegt. Irgendwann bekam ich das Angebot, ein Zimmer in einem anderthalb Stunden vom Stadion entfernten Holiday Inn zu buchen, für das sie 1000 Euro pro Nacht haben wollten. Ekelhaft. Wir haben dann bei einem Freund meines Promoters auf einem Boot gewohnt, das mehrere Kabinen hatte und überall anlegen durfte.

Der FC Liverpool scheint Ihnen viel zu bedeuten. Sie lassen nicht locker, um das Team zu sehen. Sind Sie ein Besessener?

Haha! Sagen wir mal so: Ich gehe schon sehr mit, wenn die Mannschaft spielt. An der Anfield Road ist das kein Problem, auswärts schon eher. Vor ein paar Jahren hat mich ein Freund zu einem Spiel der Reds gegen den FC Bayern in die Allianz-Arena nach München eingeladen. Natürlich saß ich mit zig Bayern-Fans zusammen. Als Liverpool das erste Tor geschossen hat, konnte ich nur leicht zucken, weil ich die Blicke um mich herum wahrgenommen habe. Dann machte Bayern den Ausgleich und das ganze Stadion rastete aus, während ich die Faust in der Tasche machte. Als Liverpool dann das 2:1 schoss, rief ich nur "Yes!!!" und die Leute blickten mich komisch an, was mir aber schon einigermaßen egal war. Beim 3:1 flippte ich total aus und dachte kurz darauf, ich würde gelyncht werden, als mir jemand auf die Schulter tippte und sagte: 'Kann ich bitte ein Foto mit Ihnen machen?' Es war Karl-Heinz Rummenigge. Da wusste ich, dass ich davonkommen würde.

Gehen Sie Auftritte mit der gleichen, sagen wir mal leicht fanatischen Spannung an wie Fußballspiele?

Nein. Konzerte sind etwas ganz anderes. Ich spüre Erleichterung, wenn ich performe. Was daran liegt, dass ich gerne gebe. Für mich ist immer wichtig, auf das zu hören, was die Konzertbesucher berichten, wenn sie nach dem letzten Song gehen. Sie sollen völlig zufrieden sein. Das sage ich auch immer der Band und der Crew: Wir spielen jeden Abend für zwei Shows – für die aktuelle und für die nächste, deren Erfolg von der vorhergehenden abhängt. Ich möchte nicht, dass sich auch nur ein Fan von uns beleidigt fühlt. Ich selbst habe das als Konzertbesucher zigmal erlebt: das Beleidigen der eigenen Anhänger, indem diese Musiker, die sich für Rockstars halten, kein einziges freundliches Wort für ihre Fans übrighaben, sie im Grunde gar nicht beachten und nie auf sie eingehen. Dabei muss doch jedem klar sein, dass man als erfolgreicher Musiker nur deshalb ein gutes Leben hat, weil es da draußen Leute gibt, die Platten und Tickets kaufen. Und dafür muss man etwas zurückgeben – das habe ich nach beinahe 50 Jahren im Geschäft gelernt.

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