Mike Krüger und Thomas Gottschalk

"Im Filmmuseum hängt unser Plakat neben dem von 'Das Boot'"

08.08.2022, 12.10 Uhr
von Felix Förster und Marcus Italiani
Immer noch die Nase(n) vorn: Thomas Gottschalk (links) und Mike Krüger.
Immer noch die Nase(n) vorn: Thomas Gottschalk (links) und Mike Krüger.   Fotoquelle: RTL+

40 Jahre flotte Sprüche, lange Nasen und ein Humor, der die Zeit überdauert hat. Vor 40 Jahren kam mit "Piratensender Powerplay" der erste der vier Supernasen-Filme mit Thomas Gottschalk und Mike Krüger in die Kinos.

Es ist eine dieser Szenen, die man nie vergisst, wenn man sie damals im Kino gesehen hat: Nach laszivem Liebesspiel deutet die Traumfrau auf einen Hautfleck bei ihrem Tommy und fragt ihn, was das denn sei. "Das ist ein Muttermal, denn das hatte meine Mutter mal", sagt der. Sofort ist Erotik nur noch ein Fremdwort aus einer anderen Galaxie. Dieses und andere Nonsens-Zitate fallen einem sofort ein, wenn man an die "Supernasen"-Filme und ihre Zeit denkt. Saublöd, saukomisch und einfach saugut! Zumindest dachten das die Kino-Zuschauer der 80er. Wie sind die Filme gealtert? Und wie werden sie heute von den Nasen-Stars bewertet? Mike Krüger und Thomas Gottschalk standen prisma Rede und Antwort.

Mit "Piratensender Powerplay" feiert in diesem Jahr der erste der vier Filme der Supernasen-Reihe 40. Geburtstag. Welche Erinnerungen haben Sie an die Dreharbeiten?

Mike Krüger: Das alles aufzuzählen, würde den Umfang Ihrer Zeitschrift sprengen, deshalb antworte ich: nur die besten.

Thomas Gottschalk: Ich war Fernsehen gewohnt. Mindestens sechs riesige Kameras. Beim Film gab's nur eine. Der Kameramann war beleidigt und erklärte mir, dass auch "Ben Hur" nur mit einer Kamera gedreht wurde.

Wie kam die Zusammenarbeit damals zustande? Thomas Gottschalk war damals vor allem als Radio- und TV-Moderator bekannt, Mike Krüger als Liedermacher und Comedian.

Mike Krüger: Immer wenn ich eine neue LP vorstellen wollte, bin ich zu Thomas in seine berühmte "Radio Show" im BR gefahren, denn dann wusste ganz Süddeutschland: Mike hat eine neue LP. Das war der Beginn einer wunderbaren, über 45 Jahre andauernden Freundschaft.

Thomas Gottschalk: Die haben einen Hübschen und einen Intellektuellen gesucht. Bis heute wissen wir beide nicht, wie die auf uns gekommen sind!

Die Filme der Reihe waren Riesenerfolge und etablierten Sie damals als Komiker-Duo im deutschen Kino. Von der Kritik eher verschmäht, trafen Sie beim Publikum einen Nerv. Wie erklären Sie sich in der Rückschau diese Diskrepanz?

Mike Krüger: Die Diskrepanz besteht nicht zwischen unseren Filmen und dem Publikum, sondern zwischen den Kritikern und dem Publikum. Dieses Phänomen ist auch heute noch bei vielen Kritiken zu beobachten, dass die Kritiker anscheinend nicht wissen, für wen sie eigentlich schreiben.

Thomas Gottschalk: Da hat sich bis heute wenig geändert. Die Kritiker wollen immer noch was anderes als die Zuschauer.

Wenn man sich die Filme heute anschaut, fällt vor allem die Spontaneität auf und diese Einstellung, einfach zu machen. Ist das ein richtiger Eindruck? Gab es da weniger Theorie, sondern mehr Freude am Ausprobieren?

Mike Krüger: Thomas und ich haben diese Freude am Ausprobieren immer geliebt, sehr zum Ärger der anderen Schauspieler, die natürlich auf ihr Stichwort warteten.

Thomas Gottschalk: Alles, was wir wollten, war, das Publikum zu unterhalten und zwar mit den Mitteln, die wir zur Verfügung hatten. Die Schauspielkunst zählte nicht dazu.

Dass Sie die Filme selbst nicht ganz so ernst nehmen, kann man Zitaten von Ihnen entnehmen, wie dem von Thomas Gottschalk: "Jeder kann während des Films rausgehen. Es wäre sonst das erste Mal, dass aus einem Film von uns keiner vorzeitig geht." Wie bewerten Sie die Komödien heute?

Mike Krüger: Da sich in der Zwischenzeit sogar Filmhochschulen mit unseren Filmen beschäftigen und uns zu Retrospektiven einladen, müssen wir zum Glück nicht selbst bewerten. Im Filmmuseum in München hängt unser Plakat neben dem von "Das Boot". Das sagt ja wohl alles.

Thomas Gottschalk: Alle, die Unterhaltung machen, müssen irgendwann begreifen, dass man alles an diesem Job ernst nehmen sollte, außer sich selbst!

Haben Sie Ihre Gags damals selbst geschrieben?

Mike Krüger: Da wir die Drehbücher selbst geschrieben haben, haben wir auch die Gags selbst geschrieben.

Thomas Gottschalk: Na klar. Über manche mussten sogar wir lachen.

Komödien gehören im deutschen Kino traditionell zu den großen Erfolgen, obwohl es ja nach wie vor das Klischee vom humorlosen Deutschen gibt. Wo sehen Sie die Filme in dieser langen Reihe an Komödien-Erfolgen?

Mike Krüger: Wir haben den Startschuss zu den verrückten 80ern gegeben…

Thomas Gottschalk: …und leben immer noch in dieser Zeit.

Am 18. September gibt es ein bundesweites Kino-Event anlässlich des Jubiläums. Auf was können sich die Zuschauer da freuen?

Mike Krüger: Ich lasse mich selbst überraschen, aber ich glaube es gibt auch Ausschnitte aus der Dokumentation "Mein Papa, die Supernase!" mit Roman Gottschalk und auch Eindrücke von unserem gigantischen "40 Jahre Supernasen Event" im Juni in Velden am Wörthersee.

Die 80er-Jahre waren eine Zeit der deutschen Blödelfilme: Dieter Hallervorden mit seinen Didi-Filmen, die Otto-Megaerfolge, Ihre Filme. Waren Sie damit Vorreiter der später einsetzenden Comedy-Welle?

Mike Krüger: Comedy gab es schon immer in Deutschland. Nur heute wird das Ganze durch die vielen Möglichkeiten der Verbreitung im Internet noch verstärkt.

Thomas Gottschalk: Ja, wir bekennen uns schuldig, aber fragen uns heute noch, was da schief gelaufen ist.

Kann man den Humor von damals mit dem heutigen vergleichen? Wo sehen Sie Unterschiede, wo Parallelen?

Mike Krüger: Ich denke da gibt es keine großen Unterschiede. Man könnte auch sagen "Fuck ju Göhte" ist wie "Supernasen ohne Fuck".

Dem österreichischen "Standard" haben Sie, Herr Gottschalk, von folgender Idee erzählt: "Zwei Typen, die in den Achtzigern durch politisch unkorrektes Verhalten auffielen, sind plötzlich wieder da und suchen jetzt vergeblich einen Zigarettenautomaten." Woraufhin Herr Krüger sagte: "Es gab sogar schon Gespräche, und die sind tatsächlich daran gescheitert, dass ich gesagt habe: Ich will nicht darüber diskutieren, ob ich diesen einen Gag machen darf oder nicht." Sind die Grenzen mittlerweile wirklich so eng?

Mike Krüger: Thomas und ich sind sogar noch älter als alle Boomer, die sich heute für ihre "antiquierten Scherze" entschuldigen müssen. "Weiße, alte Männer" ist sogar ein Schimpfwort, von Gendern wollen wir gar nicht erst sprechen. Da kann man sich bei einem Drehbuch, so wie wir es geschrieben haben, die lustigen Diskussionsrunden bei Produzenten und Sendeanstalten ausmalen.

Thomas Gottschalk: Ich gendere zur Sicherheit alles: Mike Krüger:in.

Können Sie sich denn vorstellen, noch einen Film zu machen?

Mike Krüger: Wenn wir die Gags so machen können wie wir wollen – gerne. Denn wie heißt es doch so schön "Der Zwerg reinigt den Kittel"! Darf man Zwerg eigentlich noch sagen?

Thomas Gottschalk: Nein! Um Himmels Willen. Ich erzähle meinen Enkeln mittlerweile die Geschichte von "Schneewittchen und den 7 Kleinwüchsigen".

Anlässlich des großen Jubiläums sendet RTL am Samstag, 20. August, ab 20.15 Uhr die Geburtstagsshow "40 Jahre Supernasen". Die Supernasen-Reihe ist zudem aktuell auf Amazon Prime Video streambar.

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