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"Alle Zeit der Welt": ein klassischer Spätzünder

von Jasmin Herzog

Ein weltfremder Uhrmacher findet durch eine Scheinehe doch noch die große Liebe. Bei manchen dauert es halt ein bisschen länger ...

3sat
Alle Zeit der Welt
Komödie • 07.07.2021 • 20:15 Uhr

"Zeit ist relativ" – eigentlich klar, dass Albert Einsteins weise Erkenntnis in einem Film vorkommen muss, der um einen einsamen Uhrmacher kreist. Viel zu oft zitiert steckt dennoch lupenreine Wahrheit in diesem Satz: Schönes vergeht wie im Fluge, Verzichtbares zieht sich dagegen wie Kaugummi. Nicht anders ist es in dieser sympathischen, wenn auch etwas zähen Schmonzette. Zugegeben, manchmal würde man in dieser Sommer-Wiederholung allzu gerne vorspulen – bis zum vorhersehbaren Happy End. Aber Katja Weitzenböck und Johannes Herrschmann haben nun mal "Alle Zeit der Welt".

Er hat auf jeden Fall etwas, dieser hagere, stille Mann, der stets mit einem fragenden Blick in die Welt schaut, die er schon lange nicht mehr so recht zu verstehen scheint. "Er ist ein wenig aus der Zeit gefallen", beschrieb Johannes Herrschmann selbst seinen Charakter in einem Interview. Unsympathisch ist Rudolf Wohlgemuth also keineswegs. Der Uhrmacher verkriecht sich am liebsten in seiner Werkstatt, in der er nur noch alte Uhren repariert, jedoch nichts mehr herstellt. Und so ruckeln die Zeiger weiter. Mit jedem Ticken werden die Schatten unter seinen Augen dunkler, die Haare schütterer.

Zum Glück also gibt es Karina (Weitzenböck), Rudolfs hübsche und talentierte Mitarbeiterin. Eine feinfühlige Dame, die Verständnis dafür hat, wenn jemand nicht ganz so richtig tickt. Leidenschaft geht sicher anders. Und so ist Karina mehr als baff, als ihr der Chef aus heiterem Himmel einen Heiratsantrag macht. "Nur als ob", versteht sich. Rudolf hat nämlich ein Problem: Sein kleiner Bruder Klaus (Heikko Deutschmann) – ein Lebemann, der in Hongkong Billiguhren verkauft – fordert die Hälfte des Familienerbes, das Rudolf natürlich nicht ausbezahlen will. Eine Alibifamilie muss also her, um dem Bruder weiszumachen, dass auch Rudolf das Geld dringend benötigt.

Karina willigt ein, ohne mit der Wimper zu zucken, und zieht mit Töchterchen Julia (Minna Markert) in Rudolfs angestaubte Junggesellenbude. Schnell werden ein Hochzeitsfoto gestellt, die Eheringe der verstorbenen Eltern recycelt und gemeinsame Lebensläufe erfunden. Die Scharade scheint zu funktionieren. Klaus schöpft keinen Verdacht und freut sich sogar über den neuen Lebenswandel seines steifen Bruders. Der scheint tatsächlich langsam die Allüren eines Casanovas zu entwickeln.

"Mit dir kann man so wunderbar schweigen!" – Irgendwann funkt es zwischen dem Stoffel und der guten Fee. Doch so einfach ist es natürlich nicht: Tränen kullern, ein Missverständnis jagt das nächste – bis es zum beschaulichen Happy End auf dem Kirchturm kommen darf, werden den Liebenden noch die üblichen Steine in den Weg gelegt. Am Ende ist man beglückt, oder gelangweilt, je nach Gemütslage.

Alle Zeit der Welt – Mi. 07.07. – 3sat: 20.15 Uhr


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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