Neue Folgen in der ARD

Andreas Guenther über "Wien-Krimi": Niko "ist ja kein Diener"

02.05.2024, 06.14 Uhr
von Julian Lorenz
Andreas Guenther (r.) ist bald in zwei neuen "Wien-Krimi"-Folgen in der ARD zu sehen.
Andreas Guenther (r.) ist bald in zwei neuen "Wien-Krimi"-Folgen in der ARD zu sehen.  Fotoquelle: ARD Degeto/Mona Film/Tivoli Film/Philipp Brozsek

Andreas Guenther spielt im "Wien-Krimi" den Partner und Kollegen des blinden Ermittlers Alex Haller. Mit uns hat der Darsteller über die neuen Folgen gesprochen.

Du bist ziemlich oft als Darsteller in Krimis zu sehen. Was gefällt dir so sehr an diesem Genre?

Wenn man sich die deutsche Fernsehlandschaft anschaut, fällt auf, dass die meisten Filme entweder Krimis oder Komödien sind. So groß ist die Auswahl nicht. Und ich scheine mehr in der Krimilandschaft zu Hause zu sein. Ich finde es interessant, sich die dunkle Seite von Tätern anzuschauen und zu entdecken. Ich selbst habe gar keine kriminelle Energie in dem Sinne, denn sonst wäre ich ein richtig guter Krimineller (lacht). Das bin ich nicht. Aber in Krimis lässt man diese dunkle Seite an sich heran, was die meisten im normalen Leben nicht tun und natürlich auch nicht tun sollten. Und dann auch diese Psychologie dahinter: Was könnten die Gründe sein, warum ein Täter tut, was er tut? Was ist da psychisch schiefgelaufen? Sich da hineinzudenken, macht wahnsinnig viel Spaß. Ich habe das große Glück, dass ich auf der einen Seite tatsächlich einen Kommissar im Polizeiruf 110 spielen darf, der klassische Polizeiarbeit macht; und dann diesen zwiespältigen Niko, der in der deutschen Krimilandschaft völlig aus der Reihe tanzt, weil er eben kein Kommissar ist, sondern sogar ein Kleinkrimineller, der sich die Finger verbrannt hat und jetzt in Wien im Exil ist.

Also passt diese Rolle zu deiner Persönlichkeit?

Als Schauspieler macht man jede Rolle zu seiner Figur. Das heißt, da steckt ja immer etwas von der eigenen Persönlichkeit mit drin. Das ist bei uns genau so wahr wie bei Hollywoodstars; die spielen immer unterschiedlich Figuren, aber auch sich selbst. Außerdem ist diese Unterwelt für mich schon faszinierend. Andererseits bin ich aber auch ein Mensch, der zu einer Million Prozent wahrheitsliebend ist. Deshalb wäre diese kriminelle Welt unterm Strich nichts für mich. In dem Sinn passe ich besser in die Rolle des Kommissars. Ich mag's nicht, wenn man jemanden beklaut, das ist für mich ein Unding. Aus meiner Sicht ist diese Grobheit und rohe Brutalität, die wir immer mehr erleben, unbegreiflich. Und das Schlimme ist, dass Menschen mit dieser kriminellen Energie auf Ideen kommen, die einem normalen Menschen wie dir und mir nie in den Kopf kommen würden. Deshalb ist die Polizei schlussendlich auch immer ein Schritt hinterher. Sie kann nur reagieren und nicht agieren.

Das klingt nach einer spannenden Idee für einen Film: Ein Krimineller hilft der Polizei mit seiner Sichtweise, Verbrecher zu jagen.

Ja, das stimmt. Aber gibt’s das nicht schon? Mit Tom Hanks und Leonardo DiCaprio.

“Catch me if you can”.

Genau. Aber nichtsdestotrotz wäre es spannend, das Konzept ins Deutsche zu adaptieren.

Sprechen wir einmal über die neue Wien-Krimi Folge „Blind ermittelt: Tod im Kaffeehaus“. Dieser Fall ist für Alex Haller sehr persönlich. Ein ehemaliger Kollege, der wegen Totschlags 10 Jahre im Gefängnis saß, wird kurz nach seiner Entlassung schwer verletzt – und könnte unschuldig sein. Diese Erkenntnis belastet Haller sehr. Inwiefern wirkt sich das auf die Beziehung zwischen ihm und Niko aus?

Haller muss sich im Laufe der Geschichte fragen, ob er damals einen Fehler gemacht hat. Sich das selbst einzugestehen, fällt ihm unheimlich schwer. Noch schwerer fällt es ihm aber, das auch zuzugeben. Niko will seinem Freund natürlich helfen, doch Alex blockt das ab – so wie viele andere, die einen Fehler zugeben sollen. Es fällt den meisten Menschen wahnsinnig schwer, weil sie Angst haben. Viele haben das Gefühl, dass das ein Zeichen der Schwäche ist – dabei stimmt in Wahrheit das Gegenteil. Das ist nämlich schiere Größe, aber Alex versteht das in dem Moment nicht. Dabei geht er schließlich so weit, dass seine Freundschaft mit Niko auf dem Spiel steht.

Hat Niko denn Verständnis dafür, dass Alexander in einer schwierigen Situation ist?

Natürlich hat er Verständnis. Aber eine Freundschaft kann nur funktionieren, wenn man sich die Wahrheit sagt – auch wenn sie unangenehm ist. Und wenn der eine den anderen immer wieder ungerecht behandelt, dann steht eine Freundschaft auf der Kippe. Es ist in Nikos Natur, sich um seinen Freund zu sorgen und Fragen zu stellen. Wenn er dafür angegriffen wird, dann stimmt etwas nicht. Also ja, Niko hat Verständnis. Aber er lässt sich auch nicht alles gefallen; er ist ja kein Diener.

Ja, auch wenn es schwierig für Alex ist, hat er trotzdem eine Verantwortung.

Natürlich. Es ist schwer für Alex und deshalb hat sein Partner auch Verständnis. Aber wenn man es so schwer hat, dann hilft es, über seine Probleme zu sprechen. Niko weiß das und deshalb ist es für ihn besonders schmerzhaft, dass sein Freund ihn so auflaufen lässt.

Wer mehr darüber erfahren will, muss einschalten.

Unbedingt. Ich hoffe, dass die Fernsehzuschauer einschalten, dass es ihnen gefällt und wir weitermachen dürfen. Denn es macht großen Spaß. Und ich glaube, dass die Zuschauer sich freuen können auf die beiden Filme. Die beiden neuen Filme orientieren sich nämlich wieder enger an den beiden Hauptfiguren. Natürlich kann man im deutschen Fernsehen jeden Tag Krimis sehen. Aber wir sind auf eine gewisse Weise einzigartig, weil bei uns ein Blinder als Kommissar und ein Kleinkrimineller zusammen ermitteln. Dadurch haben wir andere Freiheiten und können uns außerhalb des klassischen Polizisten-Korsetts bewegen.

Dreh- und Angelpunkt der Ermittlungen ist ein Wiener Kaffeehaus-Imperium. Eine eher ungewöhnliche Industrie für einen Krimi, findest du nicht?

In Österreich hat ein Kaffeehaus einen ganz anderen Stellenwert, als die meisten das kennen. Bei uns Deutschen gibt es diese Kaffeehauskultur gar nicht. Man sagt ja nicht: „Ich geh ins Kaffeehaus“, sondern „Wir trinken einen Kaffee“. Die Kaffeekultur ist in Österreich einfach ganz anders, es ist eine spannende Welt und mit Sicherheit auch ein Milliardengeschäft.

Am Anfang der Folge probiert ihr beide einen teuren Kaffee. War der wirklich lecker?

Das war auf jeden Fall kein normaler Espresso; da war noch etwas anderes drin. Das ist aber nicht mein Stil. Wenn ich abends ausgehe, bestelle ich die einfachen Cocktails. Ein simpler Tonic – fertig. Genauso mag ich meinen Kaffee: ein einfacher Espresso ohne Schnickschnack.

Simple is best.

Ja, viel besser. Ich verstehe natürlich, dass das jeder das ein wenig anders sieht. Aber für mich stimmt das.

Kommt es vor, dass du auf der Straße als Nikolai Falk erkannt wirst?

Ja, das passiert immer häufiger, je öfter ich im Fernsehen zu sehen war. Zwar kennt fast keiner meinen Namen, aber mein Gesicht scheint bekannt zu sein. Ich werde oft angesprochen und das freut mich auch. Ohne die Menschen, die mich gerne gucken, könnte ich nicht arbeiten. Und das freut mich natürlich riesig, dass ihnen gefällt, was ich mache.

Wo können dich Fans in nächster Zeit im TV sehen?

Natürlich erst einmal in den beiden „Wien-Krimis: Blind ermittelt“. Dann läuft am 2. Mai der Zweiteiler „Unschuldig – Der Fall Julia“ im Fernsehen, in dem ich mitgespielt habe. Außerdem bin ich sehr glücklich darüber, in der letzten Folge des wundervollen ZDF-Formats „Letzte Spur Berlin: Die Jäger“ am 12. April dabei sein zu dürfen.

Möchtest du den Leserinnen und Lesern noch etwas sagen?

Ich habe die Schirmherrschaft für den Verein „Glückskinder“ übernommen. Der Verein kümmert sich um Kinder und Jugendliche, die in Pflegeheimen oder Pflegefamilien aufwachsen. Oft ist das nämlich eine große Belastung – deshalb brauchen die Kids Unterstützung. Das ist mir ein Herzensanliegen, weil ich als Jugendlicher selbst einige Jahre lang in einer Pflegefamilie war.

  • Der Wien-Krimi: Blind ermittelt - Tod im Kaffeehaus ist am 2. Mai um 20.15 Uhr im Ersten zu sehen
  • Der Wien-Krimi: Blind ermittelt - Tod im Palais ist am 9. Mai um 20.15 Uhr im Ersten zu sehen
  • Die Folgen sind jeweils ab dem Vortag in der ARD Mediathek abrufbar

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