ZDF-Zweiteiler

"Die Frau im Meer": trübe Aussichten an der Ostsee

02.01.2023, 08.07 Uhr
von Kai-Oliver Derks

Die Kollegin von Ermittler Simon Kessler ist spurlos verschwunden. Zudem wird eine 15-Jährige tot im Wald gefunden. Der ZDF-Zweiteiler macht es dem Betrachter zunächst nicht leicht, entpuppt sich aber dann als durchaus gelungene Mixtur aus Krimi und Sozialstudie.

ZDF
Die Frau im Meer (1)
Kriminalfilm • 02.01.2023 • 20:15 Uhr

Ja lick mi in de Mors – das sind eine ganze Menge Menschen, die einem da schon in den ersten Minuten begegnen. "Die Frau am Meer" macht es einem zunächst mal also nicht leicht. Schnell könnte die Befürchtung aufkommen, dass dies etwas mit der Tatsache zu tun hat, dass es sich hier im Grunde um eine Fortsetzung handelt. Schließlich begann die sehr lose Krimireihe rund um den fiktiven Ostsee-Ort Nordholm schon vor sieben Jahren. Drei Zweiteiler liefen seither, der letzte ist zwei Jahre her. Nun also folgt ein weiterer. Aber, keine Sorge: Es bedarf keinerlei "Vorbildung", um diesem Küstendrama bald schon folgen zu können. Nach etwa einer halben Stunde kennt man sie fast alle, die hier leben. Und einige von ihnen, so scheint es, nehmen es mit dem Gesetz nicht ganz so genau. Der zweite Teil wird am Dienstag, 3. Januar, 20.15 Uhr, ausgestrahlt. Wer zügig hintereinander schauen will, nutzt die Mediathek.

Ursprünglich ermittelten in der Reihe die beiden Polizisten Hella Christensen (Barbara Auer) und Simon Kessler (Heino Ferch) in jenem Nordholm noch gemeinsam. Aber jetzt ist Kessler, ein mürrischer Einzelgänger vom LKA Hamburg, in Sorge. Er erreicht Hella telefonisch nicht mehr. Auf seiner Mailbox findet sich nur eine Nachricht von ihr – ein jammerndes, flehendes Wimmern. Und wirklich: Sie ist verschwunden. Nur ihr Segelboot wird auf dem offenen Meer treibend entdeckt, Blutspuren lassen das Schlimmste erahnen.

Das ist Fall eins dieses todernsten Krimidramas. Fall zwei erzählt von der 15-jährigen Viviane, die tot im Wald aufgefunden wird. Die Menge an Tabletten und Alkohol lässt zunächst auf Selbstmord schließen. Doch warum sollte sich das junge Mädchen, das morgens noch in der Schule war, am Nachmittag das Leben nehmen? Aufgefunden wird sie von der etwa älteren Charlotte (wie in allen Filmen bisher von Lilly Barshy gespielt). Die behauptet, Viviane nur aus gemeinsamen Chorproben zu kennen. Doch längst ist dem Betrachter klar: Die beiden Mädchen muss etwas anderes verbinden. Schließlich nahm Charlotte der Toten noch deren Handy ab, um es vor der Polizei zu verbergen.

Eine neue Kommissarin in Nordholm

Jene Charlotte wiederum ist die Tochter von Silke Broder (Anja Kling). Und die wiederum ist die Freundin der vermissten Hella Christensen und zugleich die Lebensgefährtin des ermittelnden Kriminalers Kessler. Darüber hinaus wären da noch eine Vielzahl weiterer Beteiligter: Rebecca Petersen (Ann-Kathrin Kramer) zum Beispiel, die Mutter des toten Mädchens. Herr und Frau Haller (Leslie Malton und Stefan Kurt), die eine Seniorenresidenz leiten, in der nicht alles ganz sauber zu laufen scheint. Oder Rieke Lehwald (Ulrike C. Tscharre), die Schwester der vermissten Hella, die mit ihrem Mann (Hary Prinz) nach Nordholm gekommen ist, nachdem ihr Vater in eben jener Seniorenresidenz verstorben ist.

So ließen sich noch eine ganze Reihe weiterer Personen aufzählen, die mehr oder minder in die Ereignisse rätselhaften Ereignisse verwickelt sind. Simon Kessler muss viel Energie aufbringen, um der Wahrheit auf den Grund zu gehen. Begleitet wird er dabei von Kommissarin Lena Jansen (Isabell Polak) – sie ist neu im Nordholm-Revier und muss sich auch erst einmal zurechtfinden.

"Hinter einem spannenden Krimi Menschengeschichten erzählen", das war seit jeher die Prämisse, die über den Filmen der Reihe stand, erklärt Regisseur und Autor Thomas Berger, der von Anfang an mit an Bord war. Das trifft es gut, ist doch "Die Frau im Meer" zu gleichen Teilen Krimi wie auch Sozialstudie. So geht ermittlungstechnisch bisweilen nur sehr wenig voran, stattdessen geht es um Beziehungen und Konflikte aller Art.

Ein bisschen anstrengend ist da die Darstellung der kleinstädischen Jugend. Ob Junge oder Mädchen – sie alle schweigen mehr oder minder intensiv pubertierend vor sich hin und sind bei Gesprächen mit den Erwachsenen im Grunde zu keinem einzigen vernünftigen, kooperativen Satz in der Lage. Aber auch einige der Großen sind nicht besser. In dieser optisch faszinierenden und auch meist sonnigen Umgebung geht es ziemlich trübsinnig, ja gar depressiv zu. Dazu noch der spröde Ermittler Kessler, der auch nur das Notwendigste spricht – gute Laune macht das alles nun wirklich nicht.

Wer aber diese Form norddeutscher Zurückhaltung schätzt und zudem verzwickte Krimis mag, der wird sich auf bei der "Frau am Meer" gut aufgehoben fühlen. Zumal diese ausnehmend namhafte Besetzung über den einen oder anderen etwas mühseligen Moment hinwegträgt. "Da wir zweimal 90 Minuten haben, können wir in die Einzelschicksale und Hintergründe viel tiefer einsteigen als sonst üblich. Wir zeigen authentische Charaktere mit Bezug zur Ostseeküste, an der sie leben", verspricht Hauptdarsteller Heino Ferch.

Die Frau im Meer (1) – Mo. 02.01. – ZDF: 20.15 Uhr


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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