Erster Film zur Serie

"Großstadtrevier – St. Pauli, 06:07 Uhr": brutaler Angriff auf eine Polizistin

von Eric Leimann

Polizistin Nina Sieveking wird brutal in der U-Bahn zusammengeschlagen. Ihr Trauma belastet das gesamte Revier. "Großstadtrevier – St. Pauli, 06:07 Uhr" ist der erste Film zur Serie und überraschend düster.

ARD
Großstadtrevier – St. Pauli, 06:07 Uhr
Kriminalfilm • 19.05.2021 • 20:15 Uhr

"Vier Tatzeugen – verängstigt, verschlafen, verschwunden, verreist." Was sich anhört, wie eine Poetry Slam-Performance, ist die aufgebrachte Bemerkung von "Großstadtrevier"-Chefin Frau Küppers (Saskia Fischer), nachdem ihre Polizistin Nina Sieveking (Wanda Perdelwitz) in der Hamburger U-Bahn brutal zusammengeschlagen wurde. Deren Trauma nach dem Horror-Erlebnis steht im Mittelpunkt einer überraschend düsteren 90-Minuten-Folge der Dauerbrennerserie, die auf dem Sendeplatz des ARD-"FilmMittwochs" ausgestrahlt wird. Obwohl im U-Bahn-Wagon und auf dem Bahnsteig, wo die Polizistin gepeinigt, verhöhnt und gefilmt wurde, zahlreiche Zeugen anwesend waren, griff niemand ein. Schockiert von den Erlebnissen ist nicht nur Nina selbst.

Auch ihre Kollegen vom Hamburger PK14 können nicht einfach zur Normalität übergehen, selbst als Nina nach einiger Zeit in den Dienst zurückkehrt. Ihr Partner Lukas Petersen (Patrick Abozen) kümmert sich ebenso liebevoll um seine "Mitfahrerin" wie der Rest des vom Vorabend bekannten "Großstadtrevier"-Ensembles. Alle sind bemüht, den Fall aufzuklären. Auch weil sie merken: Nina und das gesamte PK14 werden nie mehr unbeschwert arbeiten können, solange die zutiefst beschämende und frustrierende Tat nicht aufgeklärt wurde. Als die Polizisten endlich erste Spuren finden, kommt eine ungeahnte Dynamik in den Fall.

Zum ersten Mal nach 35 Jahren Serie und mehr als 450 Folgen entstand ein Langfilm des "Großstadtreviers", das 29 Jahre lang durch das Mitwirken des Hamburger Kultstars Jan Fedder geprägt wurde. Seit dessen Tod Ende 2019 hat sich die Serie verändert – von einem der letzten klassischen Vorabend-Formate, das vom gesellschaftlichen Zusammenhalt und dem Sieg des Guten berichtete, zu ernsteren und sogar – wie hier – düsteren Stoffen.

Weg von der schunkeligen Kiezgemütlichkeit

Wer 35 Jahre lang Vorabend durchhält, muss sich zwangsläufig verändert haben. Gerade nach dem Abgang von Jan Fedder, dessen Auftritte im "Großstadtrevier" in den letzten Jahren aufgrund seiner gesundheitlicher Probleme ohnehin immer mehr ausgedünnt wurden. Im Frühjahr 2020 lief die letzte Folge mit Fedder. Schon damals gab es ein neues, schickes Revier, welches neben zahlreichen Umbesetzungen unter den Uniformierten eben auch den Plan unterstrich, die Serie in eine neue, modernere Zeit zu führen.

Nicht mehr die "großen Haie und kleinen Fische", welche Truck Stop in altdeutscher Country-Ästehtik im Titellied besangen, sollten das Image der Serie prägen, sondern modernere Themen und Erzählweisen. Man will weg von der schunkeligen Kiezgemütlichkeit, die in der Realität ohnehin kaum noch zu finden ist, hin zu abgründigeren Geschichten. Dass "Großstadtrevier"-Stammautor Norbert Eberlein so etwas kann, bewies er mit seiner Grimmepreis-gekrönten Frankfurter Gangster/Musiker-Saga "Beats" (Amazon).

Eberlein ist auch für das Drehbuch des Films verantwortlich, das so ein bisschen wie ein Glaubensbekenntnis des neuen "Großstadtreviers" ohne Jan Fedder wirkt. Dieses neue Credo lautet: Die "gute" Polizisten vom PK14 bekommen für ihren Einsatz von der Gesellschaft keinen Lohn. Diese besteht nämlich nicht mehr aus tumben Kleinganoven, Huren mit Herz und urigen Bierzapfern hinter dem Kieztresen, sondern aus Wegschauern, Hatern und skrupellosen Schwerverbrechern. Auch wenn dieses Bild, das der Luxemburger Regisseur Félix Koch im Film zeichnet, hier und da ein wenig zu düster ausfällt: Der Plot ist vor allem in der ersten Hälfte von "Großstadtrevier – St. Pauli, 06:07 Uhr" interessant erzählt, bevor es gegen Ende dann doch wieder etwas konventioneller zugeht.

Und – ach ja, Jan Fedder bekommt natürlich posthum auch noch seine Ehrung. Ein alter Fall, der im Zusammenhang mit den aktuellen Geschehnissen hochkommt, wurde in den 80-ern vom jungen Polizisten Dirk Matthies gelöst. Im 90-Minüter von 2021 wird dies mit einem alten Foto des jungen Jan Fedders in Polizeiuniform via altem Zeitungs-Scan ins Bild gehalten und gefeiert. Jan Fedder, der Kiez und die 80er – das waren noch Zeiten im "Großstadtrevier".

Großstadtrevier – St. Pauli, 06:07 Uhr – Mi. 19.05. – ARD: 20.15 Uhr


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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