ARD-Talkshow

Heil und Brüderle zoffen sich bei "Hart aber fair" um Pflegereform

05.04.2022, 09.31 Uhr
Hubertus Heil (SPD, Bundesminister für Arbeit und Soziales).
Hubertus Heil (SPD, Bundesminister für Arbeit und Soziales).  Fotoquelle: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Britta Pedersen

Bei "Hart aber fair" diskutiert Frank Plasberg am Montagabend mit seinen Gästen über die Arbeiter-Losigkeit in Deutschland. Warum fehlen dem Land so viele Fachkräfte? Die im letzten Jahr beschlossene Pflegereform führt zu heftigen Diskussionen. Außerdem liegen zehn Jahre alte Themen auf dem Tisch.

Zu Gast sind Hubertus Heil (SPD, Bundesminister für Arbeit und Soziales), Rainer Brüderle (Präsident des bpa-Arbeitgeberverbandes), Janine Wissler (Die Linke, Parteivorsitzende), Simon Meinberg (Tischlermeister), Dieter Könnes (Moderator der WDR-Servicezeit-Sendung "Könnes kämpft") sowie Bettina Offer (Rechtsanwältin) im Einzelgespräch.

In London sind Handwerker kaum noch vorhanden, sodass sie nicht mehr für Kleinigkeiten aufkommen. Es wird nichts mehr repariert. Es wird neu installiert. Zu Beginn der Debatte bei "Hart aber fair" stellt Plasberg die Frage in den Raum, ob auch in Deutschland "Londoner Verhältnisse" drohen. Denn Fakt ist, dass gerade das Handwerk verzweifelt nach Fachkräften sucht.

WDR-Moderator Könnes sieht die Fehler in der Bildungspolitik. Er kritisiert, dass den Schülern und Schülerinnen keine Zeit gegeben werde, darüber nachzudenken, was sie eigentlich machen wollen. Dass das "Turbo-Abi" abgeschafft wurde, sei immerhin eine gute Entscheidung gewesen. "Wie sollen sich Schüler weiterentwickeln, wenn sie durch das Schulleben gepeitscht werden?", so Könnes. Arbeitsminister Hubertus Heil findet das Fach "Arbeit, Technik, Wirtschaft" als fester Bestandteil im deutschen Schulsystem einen notwendigen Schritt. Damit würden die Schüler und Schülerinnen frühzeitig die Vielfalt der Berufe kennenlernen. Diese frühe Orientierung ist für Heil wichtig, "damit nicht die akademische gegen die berufliche Ausbildung ausgespielt wird."

Pflegereform führt zu hitziger Diskussion

Dass die Pflege unter chronischem Fachkräftemangel leidet, ist nicht erst seit der Corona-Pandemie bekannt, wenn auch deutlich verschärft. Die 2021 von der großen Koalition beschlossene Pflegereform, die höhere Löhne und flächendeckende, erhöhte Tarifbindungen vorsieht, wird zur Diskussion des Abends, die sich zwischen Brüderle, Heil und Wissler hochpeitscht. Brüderle ist bekannterweise dagegen, hatte bereits zuvor von einem "schwarzen Tag für die Pflege" gesprochen. Bei Plasberg kritisiert der ehemalige Wirtschaftsminister, dass keine freie Lohnfindung mehr stattfände, weil der Staat diesen festlege. Auch die Personalbemessung werde den Betrieben vorgegeben. Die Tarifautonomie sei somit nicht mehr vorhanden.

"Reden Sie von Planwirtschaft?", fragt Moderator Plasberg vorsichtig. Doch da sieht sich Arbeitsminister Heil gezwungen, einzuschreiten. Er finde die einheitlichen Tarifverträge richtig, außerdem werde lediglich ein Rahmen geschaffen. "Und jetzt kommen Sie und malen den Sozialismus an die Wand", so Heil. Brüderle zieht nach und betont, dass die Pflegegehälter in den letzten zehn Jahren deutlich gestiegen seien und nun höher sind als in anderen Bereichen. Die Linke-Vorsitzende Wissler kontert: "Man kann in der Pflege richtig Geld verdienen, vorausgesetzt man ist keine Pflegekraft." Sie spielt auf die großen Pflegekonzerne an.

Nach nicht enden wollendem Durcheinanderreden schreitet WDR-Moderator Könnes ein und bringt das grundsätzliche Problem auf den Punkt: es werde nicht miteinander diskutiert, nicht mit den betroffenen Menschen geredet. Denn die Diskussion um das Geld gehe völlig am Thema vorbei. Die Überlastung spiele hier die zentrale Rolle. Außerdem scheint es, als haben weder die Politiker noch die Wirtschaft aus der Vergangenheit gelernt, so Könnes. Bereits 2011 hatte Rainer Brüderle die Probleme benannt, über die heute noch diskutiert wird. Unter anderem die Notwendigkeit einer gut vorbereiteten Einwanderung von Fachkräften aus dem Ausland, mit zusätzlichen Integrationsmaßnahmen. 2015, mit einer der großen Flüchtlingswellen, habe gezeigt, dass man aus den Worten keine Lehren gezogen habe.

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