ARD-Doku

"Ich bin dein Mensch" – haben Roboter Gefühle?

von Wilfried Geldner

Kann man einen künstlichen Menschen lieben? Wenn nicht: Lässt sich daran arbeiten, an bestimmten Stellschrauben drehen? – Die Altertumsforscherin Alma (Maren Eggert) stellt sich diesen Fragen in einem abenteuerlichen Test mit dem Androiden Tom (Dan Steven).

ARD
Ich bin dein Mensch
Komödie • 22.12.2021 • 20:15 Uhr

Die Geschichte ist fast so alt wie das Kino selbst: Der Mensch erfindet einen künstlichen Menschen und wird der Geister, die er rief, nicht mehr Herr. Golem oder Frankensteins Monster: der schauervollen Fantasie sind da keine Grenzen gesetzt. In Maria Schraders Sci-Fi-Film "Ich bin dein Mensch", jüngst als deutscher Beitrag offiziell für den Auslands Oscar angemeldet, ist das alles anders. Hier ist der Android ein wirklich netter Kerl. Nach dem Plan seiner von Sandra Hüller vertretenen Erfinder soll er seiner Partnerin zur perfekten Erfüllung ihrer Wünsche dienen.

Der Brite Dan Stevens macht das als humanoider Roboter Tom so glaubhaft wie perfekt. Jeden Wunsch liest das an Hollywood-Größen wie James Stewart oder Gregory Peck erinnernde Blauauge der Berliner Altertumsforscherin Alma (Maren Eggert) von den Lippen ab. Drei Wochen lang sieht sich Alma ihrem Experiment ausgesetzt, wohl merkend, dass es wahre Gefühle zwischen den beiden nicht geben wird. Tom sei, wie sie erkennt, nur eine "Ausstülpung" ihres Selbst. Tom handelt nicht aus Liebe, er ist einfach nur so programmiert.

Da ist viel Komik vorprogrammiert. Dan Evans nimmt den Zuschauer in die ja eher unwahrscheinliche Sci-fi-Geschichte mit. Er kostet alle Roboterklischees aus, ohne zu nerven. Sein Brit-Akzent hilft ihm dabei, man habe ihn so programmiert, weil seine Partnerin keinen Einheimischen mag, aber auch keinen Exoten. Ein Brite sei da eben richtig. Tom putzt und kocht. Wenn's der Partnerin nicht gefällt, stellt er alles auf Anfang, binnen elf Minuten: "Ich mach die Fenster wieder schmutzig!" Im Badezimmer legt er Rosenblüten aus und wartet mit Champagner auf die Partnerin, weil das "93 Prozent der deutschen Frauen" so mögen. Alma mag das nicht, sie gehört offensichtlich zu den restlichen sieben Prozent.

Manchmal irrt sich der Roboter noch, dann muss man ihn "kalibrieren", wie seine Betreuerin sagt. Oder er bleibt stecken mitten im Satz, wie die Puppe Coppelia im "Sandmann" des E.T.A. Hoffmann. Aber das vergeht. Tom und Alma nähern sich zwischen Wut und Empathie einander an. Der Sex – "Schlafen wir nicht im selben Zimmer?" – gerät nach dem Suff ein wenig marmorn, dafür werden nach und nach die Tiefen des menschlichen Wesens ausgelotet. Was unterscheidet uns vom Roboter? Was ist der Mensch, was ist die Liebe?

Ich bin dein Mensch steht auf der Oscar-Shortlist

Klar, dass das den Film, der zunächst beim SWR als reiner Fernsehfilm programmiert wurde, zunehmend wortlastig macht. Auch drängt sich die Kulisse, das nächtliche Berliner Pergamon-Museum – très chic! – sehr bedeutungsvoll ins Bild. Doch dass dann der unmenschlich schlaue Tom im Computer ausgerechnet eine Arbeit über die Keilschrift der Sumerer entdeckt, an der Alma drei Jahre lang geschuftet hat, gibt Anlass zu Trost und Tränen. Almas frühere Fehlgeburt gibt noch mehr Anlass zu Traurigkeit. Der Alien kann's nicht verstehen.

Da ist der leichte Schwung des Anfangs leider weg. Doch in die Beziehung der beiden ist längst so etwas wie Selbstverständlichkeit eingekehrt. Menschengeist und künstliche Intelligenz scheinen zueinander zu passen. Jürgen Tarrach, der als "Dr. Stuber" so selbstzufrieden mit Cora, seiner androiden Partnerin, des Weges kommt, weiß ein Loblied auf seine Partner-Automatin zu singen. Der Spießer ist rundum zufrieden. Schade, dass da nicht mehr Bruno Ganz, der Mensch gewordene Engel aus dem "Himmel über Berlin" vorbeikommen kann. Er hätte sicher ein sanftes Lächeln übrig. Der Wenders-Film heimste damals übrigens jede Menge Preise ein, nur für den Oscar kam er 1988 nicht mal in die Endauswahl.

"Ich bin dein Mensch" hat es immerhin auf die Shortlist der nominierten Filme gechafft, zusammen mit 14 anderen Beiträgen, darunter auch "Große Freiheit" aus Österreich. Ob es "Ich bin dein Mensch" auch auf die Liste der Nominierungen schafft, entscheidet sich am 8. Februar

Ich bin dein Mensch – Mi. 22.12. – ARD: 20.15 Uhr


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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