Vorletzter Fall der Ermittlerin

"Kommissarin Lucas – Helden wie wir": Keine Rettung in Sicht

07.10.2023, 08.09 Uhr
von Franziska Wenzlick

Kommissarin Lucas (Ulrike Kriener) wird in ihrem vorletzten Fall Zeugin eines Verbrechens. Doch eingegriffen hat die Ermittlerin nicht. Ein spannender Film, bei dem man Helden vergebens sucht.

ZDF
Kommissarin Lucas – Helden wie wir
Kriminalfilm • 07.10.2023 • 20:25 Uhr

Dass eine Frau an einer U-Bahnstation totgeprügelt wird, einfach so, in aller Öffentlichkeit und im Beisein von Dutzenden Menschen, ist entsetzlich, aber auch nicht unrealistisch: Immer wieder behindern Gaffer Einsatzkräfte, filmen Unfallstellen und beobachten Verbrechen, ohne zu helfen. Auch nach dem Tod des Münchner Geschäftsmannes Dominik Brunner im Jahr 2009 entbrannte eine Debatte um die Rolle der Augenzeugen: Mehrere Menschen sahen damals, wie der 60-Jährige an einem S-Bahnhof verprügelt wurde. Tatsächlich zeigten die Ermittlungen jedoch, dass nahezu alle Personen, die auf dem Bahnsteig anwesend waren, in irgendeiner Form reagiert hatten – sei es durch Notrufe oder Erste Hilfe.

Tödliche Untätigkeit

Kommissarin Lucas (Ulrike Kriener) hingegen zählt in ihrem insgesamt vorletzten Fall zu den untätigen Beobachtern. "Helden wie wir" lautet der Titel des Krimis, in dem sich kaum eine der Figuren als besonders heldenhaft hervortut. Die Ermittlerin saß im Zug, der während der Tat am Gleis hielt, und hat das Geschehen vom Fenster aus verfolgt. Die Notbremse hat sie nicht gezogen, als die Bahn weiterfuhr. Jetzt ist die Frau (Franziska Schlattner), die von zwei Männern geschlagen und getreten wurde, tot – und Lucas eine von vielen Zeuginnen und Zeugen, die das Verbrechen nicht verhindert haben.

Ihren Kollegen verschweigt Ermittlerin vor Scham ihren Aufenthalt am Tatort. Auch sonst erlaubt sich Lucas in der 34. Folge der 2003 gestarteten Reihe so manchen Fehler, der sie gar an ihrer Kompetenz als Polizistin zweifeln lässt. "Sie ist eine kompromisslose, moralische, widerborstige Frau, der es nicht wichtig ist, ob sie gemocht wird oder nicht, und das, finde ich, ist ihre größte Stärke", sagt Ulrike Kriener über ihre langjährige Rolle. Nun jedoch scheint die bislang so unerschütterliche Moral der 2021 von Regensburg nach Nürnberg umgesiedelten Protagonistin ins Wanken geraten zu sein.

Die Zeichen stehen auf Abschied

"Glauben Sie, dass ich zu alt bin, um meinen Beruf auszuüben?", fragt die Kommissarin schließlich auch ihren Psychologen (Stefan Kurt), dem sie im Laufe des Films immer wieder von einer Art Amtsmüdigkeit berichtet. Zu lange habe es in ihrem Leben nichts neben ihrem Beruf gegeben, klagt Lucas, und verdeutlicht damit, was ohnehin klar ist: Die Zeichen stehen auf Abschied.

Bevor Ellen Lucas im Film "Finale Entscheidung" (Samstag, 28. Oktober, 20.15 Uhr) endgültig den Hut nimmt, beschert Thomas Berger (Buch und Regie) dem Publikum mit "Helden wie wir" noch eine würdige Vorschlussrunde. Wie einst Dominik Brunner wird auch das Opfer im Krimi zur tragischen Heldin und zum Vorbild in Sachen Zivilcourage stilisiert. Dass – wie im realen Fall des verstorbenen Unternehmers – mehr hinter der Geschichte steckt, enthüllt Berger in seinem ebenso intensiven wie spannenden Film erst nach und nach. Die titelgebenden Helden, so viel sei verraten, sucht man dabei vergebens.

Kommissarin Lucas – Helden wie wir – Sa. 07.10. – ZDF: 20.15 Uhr


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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