Doku über den Spitzensport

"Rabiat: Verlieren verboten!": Die dunkle Seite des Profisports

25.09.2023, 08.05 Uhr
von Aylin Rauh

Lena Oldach zeigt im neuen "Rabiat"-Film "Verlieren verboten!" eine Seite des Spitzensports, über die zu wenig gesprochen wird. Wie hoch ist das Risiko für Top-Athleten, mental abzustürzen, sobald der Traum vom Profisport platzt? Und was passiert mit den Talenten, wenn sie plötzlich aussortiert werden? 

ARD
Rabiat: Verlieren verboten!
Dokumentation • 26.09.2023 • 00:30 Uhr

"Verlieren verboten!" – So heißt der neue "Rabiat"-Film von Lena Oldach. Der perfekte Titel, um das drastische Prinzip des Profisports zu verdeutlichen. Das Motto lautet nun mal: "The winner takes it all", schon der nächste Patzer oder eine Verletzung könnten das sofortige Aus auf dem Karriereweg zum Profisportler bedeuten. Aber was geschieht mit den aussortierten Verlierern und Talenten, wenn der große Traum wirklich platzt? Und was müssen die Athleten für ihr Ziel alles in Kauf nehmen? Oldach versucht Antworten zu finden und präsentiert die bittere Realität des Profisports, die sich die Gesellschaft öfters vor Augen halten sollte.

Die Opfer für den Traum

Die Regisseurin trifft sich mit jungen Talenten, Trainern und ehemaligen Profisportlern, die für ihren Traum alles gegeben haben und vieles opfern mussten. Bei den Dreharbeiten kehrt Oldach sogar zu ihrer alten Trainingsstätte zurück, um mit ihrem ehemaligen Leichtathletik-Trainer über die Konsequenzen des Spitzensports zu sprechen. Dabei wird deutlich: Der Weg bis nach oben sieht leichter aus, als er ist. Besonders beim Fußball: Viele wollen als Profi das große Geld verdienen, doch selbst von den Talenten aus den Kaderschmieden schaffen es nur zwei Prozent an die Spitze. Was ist mit all den anderen?

Bereits in jungen Jahren müssen die Sportler und Sportlerinnen lernen, mit harten Rückschlägen umzugehen. So wie der zwölfjährige Nachwuchstorwart Mathis. "Ich trainiere sechsmal die Woche und habe am Wochenende meistens zwei Spiele", erklärt er Oldach, die selbst Sportwissenschaften studierte. Trotz seiner Disziplin wurde er beim Bundesligisten Borussia Dortmund aussortiert. "Bei mir kam dann die Aussage: 'Bei dir geht es nicht weiter, weil du zu klein bist.' Das war schon irgendwie ein Schock." Aber er lässt sich nicht unterkriegen und trainiert weiterhin fleißig.

Neben seinen Eltern wird Mathis von einer weiteren Person unterstützt: seinem Privat-Coach Thorsten Albustin. Er spielte bereits in der Bundesliga, bei Borussia Mönchengladbach – wenn auch nur kurz. Nachdem er als Elfmeterheld gefeiert wurde, war er nach einem verpatzten Spiel plötzlich raus. "Das war hart!", erinnert er sich. Nach dem Aus plagten ihn Angststörungen, weswegen er zum Psychologen ging und ein Buch darüber schrieb. Bis heute fällt es Albustin schwer, auf die Zeit zurückzublicken.

"Viele geben alles und schaffen es trotzdem nicht"

Zudem trifft sich Oldach mit Ex-Profi Pablo Thiam, der zum Zeitpunkt der Dreharbeiten die Fußballakademie von Hertha BSC leitet. Das Amt legte er im Juni 2023 nieder. Im Gespräch mit der Regisseurin macht er deutlich, wie hart und selektiv der Fußball wirklich ist. "Viele geben alles und schaffen es trotzdem nicht", erklärt der 49-Jährige. Im Film ist Thiam mit anderen Scouts europäischer Top-Mannschaften an der Algarve, wo sie die U17-Nationalspieler bei einem Turnier beobachten. Das Team von Lena Oldach ist hautnah auf den Rängen in der portugiesischen Region dabei.

Ein Beispiel dafür, wie kräftezehrend Profisport sein kann, ist die Siebenkämpferin Louisa Grauvogel. Die ehemalige Leichtathletin feierte internationale Erfolge. Im Oktober 2022 gab sie ihr Karriere-Ende bekannt. Der Grund: Sie war nicht nur körperlich, sondern auch mental ausgelaugt. Für die heute 26-Jährige war es unmöglich, weiterhin an Wettkämpfen teilzunehmen. Trotz ihrer Leidenschaft zum Sport stieg sie aus – obwohl es viele Menschen gab, die wollten, dass sie nicht aufhört. Bereits in einer Ausgabe der ARD-Reportagenreihe "Echtes Leben" sprach sie ausführlich über ihren Burnout.

Doch nicht nur körperliche Schmerzen und mentale Tiefpunkte sind Konsequenzen des Profisports, auch das Aufgeben von Freiheit und des eigenen Umfelds gehören dazu. Das kennt Emma Malewski nur zu gut. Um ihren Olympia-Traum zu verwirklichen, lebt "der Shootingstar im deutschen Turnteam" seit sechs Jahren in einem Internat in Chemnitz – über 400 Kilometer weg von der Familie in Hamburg. Neben ihrer Schule trainiert die 18-Jährige 30 Stunden in der Woche. Doch für ihr Ziel nimmt sie alles in Kauf, auch die stärksten Schmerzen. "Jede Turnerin hat irgendwas, was ihr weh tut! Immer!", erklärt sie Oldach während eines Turniers.

Emma sieht es nicht als Problem, Opfer für ihren Traum zu erbringen. Sie hofft, dass sich ihre Disziplin bei Olympia in Paris 2024 auszahlt. Und dass es nicht umsonst war, alles hintanzustellen und kein "normales" Teenager-Leben gelebt zu haben. "Leistungssport ist heftig", gesteht Malewski, "es ist auch nervenaufreibend." Insbesondere am Mental Load würden die meisten "zugrunde gehen, weil du mental fit sein musst. Deswegen arbeiten viele mit einem Psychologen".

Rabiat: Verlieren verboten! – Mo. 25.09. – ARD: 00.30 Uhr


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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