Krimi im ZDF

"Solo für Weiss – Schlaflos": Schachfiguren auf dem Thriller-Brett

01.08.2022, 09.03 Uhr
von Eric Leimann

Ein Drogendealer erschießt eine 17-Jährige und wird nun von der Polizei gejagt. Das ZDF zeigt den fünften Fall von Anna Maria Mühe als LKA-Fahnderin Nora Weiss nun erneut.

ZDF
Solo für Weiss – Schlaflos
Kriminalfilm • 01.08.2022 • 20:15 Uhr

Der schwedische Koks-Dealer Jesper Alm (Anastasios Soulis) soll im Rahmen eines aufwendigen Polizeizugriffs am Kieler Hafen dem LKA ins Netz gehen – doch die Aktion mit Zielfahnderin Nora Weiss (Anna Maria Mühe) scheitert. Nicht nur, dass Alm ohne seine Ware fliehen kann, er erschießt dabei auch eines von zwei blutjungen Mädchen, die den Gangster aus unerfindlichen Gründen begleiten. Das überlebende Mädchen flieht ebenfalls. Bei der Toten handelt es sich um die 17-jährige Marie von Wenzel, eine Tochter aus sehr gutem Hause. Die von Wenzels sind gute Bekannte von Nora und ihrem Vater, Pastor Rainer Weiss (Rainer Bock). Während die Drogen-Mafia das von der Polizei beschlagnahmte Rauschgift unbedingt zurück haben möchte, muss sich die unterkühlte Nora mit ihrem schlechten Gewissen herumplagen. Als Nora und ihr Vater an der Trauerfeier für die Ermordete teilnehmen, passieren irritierende Dinge ...

Anna Maria Mühe als unterkühlte und ein bisschen autistische Krimi-Einzelgängerin des Nordens: Durchaus inspiriert vom ein oder anderen "Nordic Noir"-Roman oder Film ging die ZDF-Krimireihe "Solo für Weiss" 2016 auf Sendung. Pro Jahr wird meist ein Film produziert. Auch in ihrem fünften von mittlerweile sechs Einsätzen durfte die herausragende Schauspielerin Anna Maria Mühe mal wieder in ihrem stimmungsvollen, mit großen Glasfenstern versehenen Haus am Meer auf- und abgehen und dabei nachdenklich den Rotwein schwenken. Ein bisschen sieht das dann immer aus, wie ein Möbelhaus-Werbespot, in den dann aber plötzlich ein Grusel- oder Thriller-Effekt eingebaut wird.

Weil Nora Weiss viele Feinde hat und die Krimireihe ohnehin auch vor abwegigen Storywendungen keine Scheu kennt, erschrecken im Traumdomizil der Ermittlerin gerne schockartig auftauchende Gestalten die gemütliche Einrichtungskatalog-Stimmung. Sei es, weil durchnässte Vermisste in der Dunkelheit vor ihrem Fenster auftauchen oder der verheiratete Liebhaber und Kollege (Peter Jordan) als Überraschungseffekt unter der Dusche steht.

Theologie-Exkurse mit dem Papa

Ohnehin lieben die Drehbuchautoren Maria von Heland (auch Regie, "Jung, blond, tot – Julia Durant ermittelt"), Kathrin Richter und Jürgen Schlagenhof Überraschungen. Ihr in 90 Minuten abgespulter Plot ist so voll mit Krimi- und Thriller-Versatzstücken, dass einem beim Zusehen manchmal schwindelig wird. Die Plausibilität bleibt dabei des Öfteren auf der Strecke. Selbst intime Momente mit erzählerischem Potenzial, wie die von der Reihe gerne ausgeleuchtete Beziehung zwischen der nihilistischen Nora und ihrem von Rainer Bock gespielten Pastor-Vater, einem engagierten Christen, werden zu oberflächlichen, ja holzschnittartigen Theologie-Exkursen, die Zuschauende nicht wirklich weiterbringen.

In diesem Krimi ordnet sich jegliche Psychologie des Plots dem Thriller-Effekt unter. Noch mehr als die vier Vorgänger-Filme scheitert "Schlaflos" an einer kruden Story, die ihre Charaktere wie Schachfiguren durchs Bild schiebt. Als oberflächliche Unterhaltung mag die Räuberpistole dennoch funktionieren, zumal sie exzellent fotografiert ist (Kamera: Christian Pirjol, "Neun Tage wach"). Die tollen "Nordic Noir"-Bilder sowie hervorragende Schauspieler wie Mühe oder Bock lenken aber auch ein bisschen davon ab, dass dieser Krimi ziemlicher Mumpitz ist. Der bislang jüngste neue Nora Weiss-Fall, "Das letzte Opfer", feierte am 29. November 2021 seine TV-Premiere im ZDF. Film sieben könnte im November 2022 ausgestrahlt werden, so der Mainzern Sender.

Solo für Weiss – Schlaflos – Mo. 01.08. – ZDF: 20.15 Uhr


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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