Tatort: Allmächtig

"Tatort: Allmächtig" – die Rache am Trash-TV

von Rupert Sommer

Ein Fernsehunternehmer, der ziemlich widerliche Videos produziert, verschwindet spurlos. Die Zahl der Verdächtigen ist groß. Die ARD wiederholt ein Münchner "Tatort" aus dem Jahr 2013.

ARD
Tatort: Allmächtig
Kriminalfilm • 18.07.2021 • 20:30 Uhr

Immerhin: Im Münchner "Tatort: Allmächtig", den das Erste jetzt wiederholt, ist am Schluss die Schuldfrage geklärt. Dennoch ist in dem Krimi von 2013 einiges anders – etwa die Drastik der Bilder, in einem Film, der von der Allmacht der Fernsehbilder warnt. Erzählt wird vom grausigen Tod eines Fernsehmachers, der mit seinen reißerischen Filmbeiträgen Mitmenschen erniedrigt. 8,2 Millionen Zuschauer schalteten bei der Erstausstrahlung ein. Noch 2021 sollen mindestens zwei neue Fälle der Münchner Kommissare ausgestrahlt werden.

Es ist kein schöner Anblick, der sich den Kommissaren Ivo Batic (Miroslav Nemec) und Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl) in dem außen strahlend hell gestrichenen, innen komplett vermüllten Vorort-Häuschen bietet: Eine Frau liegt blutüberströmt mitten in den von ihr selbst aufgetürmten Häufen von Wohlstandsabfall. Ob die roten Striemen Kampfspuren sind, fragt einer der Ermittler. Es sind offenbar Rattenbisse. An anderer Stelle der aufgeplatzten Haut ringeln sich bereits weißliche Maden. Man will es nicht wissen – und eigentlich auch nicht sehen.

Doch auf die Brutalität der Bilder kommt dieser Fall immer wieder zurück: Bloßgestellt wurde die Frau, die man laut neuer deutscher Sprache als "Messie" bezeichnen muss, von einem sensationslüsternen Reporter: Albert A. Anast (Alexander Schubert) wirkt wie die Karikatur eines absolut skrupellosen Schweinejournalisten, der seinen Job jedoch todernst nimmt: Begleitet von einem Kameramann jagt der Video-Unternehmer "auffällige" Menschen und stellt ihre vermeintlichen Fehler schonungslos bloß: Die Messie-Frau ist nur eines seiner Opfer. Doch warum wurde sie von einem Küchenmesser durchbohrt?

Kommissar Batic liefert die Interpretationshilfe gleich mit. Er spricht vom "sozialen Abwärtsvergleich", den Anasts widerliche Video-Produktionen, die im Internet gigantische Klick-Erfolge sind, bei den Zuschauern bedienen. "Wenn man sieht, wie dreckig es den anderen geht, geht's einem gleich viel besser", klärt er den Kollegen (und die Zuschauer) auf. Wovon sich die ARD mit dieser Botschaft genau absetzen möchte, wird im Krimi zwar deutlich, aber nicht explizit genannt: Anasts Filmproduktionsfirma versteht sich als "Internetsender", der aber kurz vor dem Verkauf an eine private TV-Station steht. Anast selbst will sich übrigens als "Entertainer" verstanden wissen.

Doch es gibt natürlich ungezählte "Opfer", die seine Methoden alles andere als "unterhaltsam" finden – und damit eine ganz Armee von potenziell Verdächtigen: Immerhin ist Anast seit drei Tagen verschwunden – zunächst spurlos. Dann findet man sein Luxusgefährt in den Bergen – komplett blutverschmiert, versteht sich. Doch wo steckt nun der Fernsehunternehmer – und wer wollte sich vermutlich an ihm rächen?

Der "Tatort: Allmächtig" von Regisseur Jochen Alexander Freydank und den Drehbuchautoren Gerlinde Wolf, Harald Göckeritz und Edward Berger mutet den Zuschauern einiges zu. Am meisten wird jedoch die Bereitschaft gefordert, hinter drastischer Überzeichnung und einem etwas überkonstruierten Überbau mit metaphysischen Anklängen die eigentlich löblichen Intentionen des Films zu würdigen.

Tatort: Allmächtig – So. 18.07. – ARD: 20.15 Uhr


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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