Wer ist Wladimir Putin?

Wladimir Putin: Wenn die Diplomatie gegen einen Despoten verliert

21.03.2023, 10.30 Uhr
von Hans Czerny

Der insgesamt dreiteilige Film der bekannten Dokumentaristin Norma Percy ist keine bloße Analyse russischen Präsidenten, sondern eine Rekapitulation – von der Maidan-Demo 2013 bis zum Kriegsausbruch 2022. In Gesprächen mit Politikern als aller Welt wird klar, dass Putins Angriff kaum zu verhindern war.

ARTE
Wer ist Wladimir Putin?
Dokumentation • 21.03.2023 • 20:15 Uhr

Ein Jahr ist seit dem Angriff Putins auf die Ukraine vergangen, es hat inzwischen tausende Tote gegeben, Millionen sind geflüchtet. Da ist es nicht sonderlich bekömmlich, auf die bemühten, letztlich aber erfolglosen Verhandlungen und diplomatischen Gespräche, die Putins Krieg verhindern wollten, zurückzublicken. Der Dreiteiler der amerikanischen Dokumentarfilmerin Norma Percy (ARTE F, Erstaufführung) versucht unter dem Titel "Wer ist Putin?" eben das. Eine Langzeit-Reportage eher als ein Porträt.

Dem früheren ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko (bis 2019) wird beispielsweise im ersten Teil breiter Raum gegeben. Es gibt Erinnerungen an die Maidan-Revolution und die folgende Flucht des Vorgängers nach Moskau. Ihn selbst und damit die Ukraine wollte Putin "für 15 Milliarden" kaufen. Alles Historie, aus nächster Nähe erlebt. Inzwischen aber eher rührend, wenn sich der 2019 abgewählte Ex-Präsident wie sein Nachfolger Selenskyj im olivgrünen Kampfpulli zeigt.

Meist zeigt Putin ein versteinertes Gesicht

2014 nützte Putin die Maidan-Revolution mit der anschließenden Präsidentenflucht zur Okkupation der Krim. Nicht unbedingt nur ein "Testlauf", wie der Titel des ersten der drei Filme suggeriert. Vielmehr begann da bereits die Destabilisierung der Ukraine, für ihn die Rückkehr zum früheren Sowjetreich. Dass Putin ein geradezu großartiger Lügner sein kann, weiß etwa der Ex-Leiter der EU-Kommission José Manuel Barroso zu berichten. Putin habe ihm gegenüber behauptet, dass die Invasoren auf der Krim ("Grüne Männchen") keineswegs Russen gewesen seien. "Wenn die russische Armee gewollt hätte, hätte sie Kiew in zwei Wochen eingenommen", habe ihm Putin zugesteckt.

Solch unverdrossene Lügen ziehen sich, teils in Reden, teils Gesprächen, durch den ganzen Film. Meist zeigt Putin ein versteinertes Gesicht. Pseudoprivat kann er hingegen ein Vertrauen weckender Schulterklopfer sein, der in der Tragetasche eine Flasche Wodka als Geschenk präsentiert. Mal wirkt Putins Gesicht über die Jahre hinweg gedunsen, mal wieder hoffnungslos glatt. Boris Johnson, offenbar ein unermüdlicher Putin-Telefonierer, bescheinigt ihm, er sei "unerhört intelligent". Jedenfalls gelang es ihm offenbar spielend, sich an die Spitze einer Propaganda zu setzen, die aus missliebigen Nachbarn ohne Weiteres bösartige Aggressoren macht.

In Minsk, wo bekanntlich 2014 ein später nicht eingehaltener Waffenstillstand unterzeichnet wurde, hat ihm Angela Merkel zusammen mit Frankreichs Präsident Hollande immerhin die Stirn geboten. Dass man den Feind in ihm nicht erkannt hätte, so ist es nicht. Aber man bevorzugte das russische Öl und das Gas gegenüber jeglicher Eskalation.

In gewisser Hinsicht kommt die ARTE-Rückschau so auch zur richtigen Zeit, zeigt sie doch zwischen all den Politiker-Statements und dem Putin-Pomp im Kreml auch, dass man es sich zu leicht macht, wenn man die Eskalation nur den Fehlern des Westens zuschiebt. Der Dreiteiler zeigt vor allem Putins Hartgesottenheit. Der Satz des französischen Ex-Präsidenten Hollande: "Bestraft man vorher nicht hart genug, muss man nachher sehr hart bestrafen", der sich wohl in erster Linie auf die zögerlichen Sanktionen des Westens bezieht, klingt gut, aber er zielt zu kurz. Für Filmemacher können talking heads eben nicht alles sein. Schon gar nicht bei Putin.

Wer ist Wladimir Putin? – Di. 21.03. – ARTE: 20.15 Uhr


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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