Dem Filmemacher Werner Herzog geht es nun nicht um eine bloße filmische Aufbereitung der Historie. Die äußeren Daten und Fakten des Falles werden nur soweit mitgeteilt, dass eine Orientierung in der Historie gerade möglich wird. Herzog interessiert sich auch nicht für den kriminologischen oder zeitkritischen Aspekt des mysteriösen Falles. Ihn interessiert an Kaspar der Mensch, der sein Lebtag in einem Kellerloch eingesperrt war, der zu dem Zeitpunkt, da er mitten in der fränkischen Stadt ausgesetzt wird, nicht weiß, was ein Haus, ein Baum, was Sprache ist, der keine Vorstellung von menschlicher Kultur, keinen Begriff von der Welt hat. Ihn interessiert, wie erfährt ein Mensch die Welt, jemand, der bis ins Erwachsenenalter hinein in absoluter Isolation gehalten wurde und bar jeder Erfahrung und jeden Wissens ist. Der Film wurde bei den Filmfestspielen 1975 in Cannes mit drei Preisen ausgezeichnet: dem Großen Sonderpreis der Jury, dem Preis der Internationalen Filmkritikervereinigung FIPRESCI und dem Preis der Ökumenischen Jury.