10.04.2023 Interview mit Julia Koschitz

Im Schatten der Angst

Von Sarah Hegemann
Eigentlich wollte Karla Eckhardt (Julia Koschitz, l.) nichts mit dem Fall zu tun haben. Doch Kriminalkommissarin Irene Radek (Susi Stach, r.) ließ nicht locker.
Eigentlich wollte Karla Eckhardt (Julia Koschitz, l.) nichts mit dem Fall zu tun haben. Doch Kriminalkommissarin Irene Radek (Susi Stach, r.) ließ nicht locker. Fotoquelle: ZDF und Petro Domenigg / FILMSTILLS.AT K.

Julia Koschitz spielt in „Im Schatten der Angst – Du sollst nicht lügen“ eine Forensikerin, die es mit einer geständigen Mörderin zu tun bekommt, die sich in Widersprüche verstrickt.

Haben Sie sich gefreut, erneut in die Rolle der Katja Eckhardt schlüpfen zu können?

Julia Koschitz: Ja, schon. Wir haben zwar im Vorfeld darüber gesprochen, dass „Im Schatten der Angst“ in Reihe gehen könnte, aber es stand nicht von Anfang an fest. Man wollte erstmal abwarten, wie der erste Teil beim Publikum ankommt. Und wie bei jedem anderen Projekt, freut man sich natürlich, wenn es Zuspruch gibt.  

Würden Sie sagen, dass Dr. Eckhardt sich vom ersten zum zweiten Film verändert hat?

Sie ist wahrscheinlich etwas eigenwilliger geworden. Die Figur an sich ist komplex und birgt viel Potenzial zur Weiterentwicklung. Sie ist eine Frau voller Widersprüche, ist sehr sensibel, misstrauisch und damit prädestiniert für ihren Job. Privat ist sie eher zurückgezogen. In diesem Charakter stecken Geheimnisse, die noch darauf warten, offenbart zu werden. Abgesehen davon lernt sie gewissermaßen mit jeder Lektion dazu, sodass neue Dinge möglich sind, wie jetzt im zweiten Film zum Beispiel die Begegnung mit einem Mann.

Waren Sie in den Entwicklungsprozess der Figur miteingebunden?

Ja. Ich hab jeweils im Vorfeld ein Exposé bekommen und konnte mich mit meinen Fragen und auch Anregungen melden, bevor die erste Fassung geschrieben wurde. Unser Regisseur Till Endemann hat das Drehbuch für den zweiten Teil mit einem anderen Autoren zusammen geschrieben, und war immer offen für das Gespräch, wie zum Beispiel über die Charakterentwicklung. Diese Art Teamarbeit ist unglaublich schön.

Ist es einfacher, eine Rolle zu spielen, die man mitentwickelt hat?

Das würde ich nicht unbedingt sagen. Es gibt hervorragende Bücher mit fein ausgearbeiteten Figuren, die sich gefühlt von alleine spielen lassen. Wenn ein Buch und eine Figur in sich nicht stimmig sind, muss man das mit seinem Spiel irgendwie kompensieren. Das ist mühsam und führt selten zu einem guten Ergebnis. 

Waren Sie schon vorher mit dem Arbeitsfeld der Forensik vertraut oder haben Sie sich ins Thema eingearbeitet?

Nein, aber es war spannend, mich da hineinzuarbeiten. So ein Projekt ist wie eine Einladung in eine andere Welt, und in diesem Fall in einen hochinteressanten Bereich. Ich habe viele Veröffentlichungen und Interviews von zwei bekannten forensischen Psychologen gelesen, Berichte und Talkshows mit ihnen angeschaut und dort vieles für mich herausgezogen. 

Wäre das denn auch ein Arbeitsfeld für Sie?

Ich habe ein großes Interesse an Psychologie – wie wahrscheinlich viele Schauspielerinnen und Schauspieler. Mein Weg hätte mich auch in den Bereich ziehen können, aber ich denke nicht in die forensische Psychologie. Die Verantwortung scheint mir immens. 

Im Film bekommt Dr. Eckhardt es mit einer notorischen Lügnerin zu tun. Durchschauen Sie Lügen schnell?

Die Frage habe ich mir selbst nie gestellt. Schwierig, man neigt ja dazu, sich die Momente zu merken, in denen man sich in einem Menschen geirrt hat, sprich belogen wurde. Das ist mir selten passiert. Lügen werden immer als etwas Unmoralisches betrachtet, dabei gibt es durchaus Momente, in denen Menschen lieber einer Lüge Glauben schenken als die Wahrheit wahrhaben zu wollen. Ich würde von mir nicht behaupten, alles zu durchschauen, aber ich habe schon eine ganz gute Menschenkenntnis. Der erste, intuitive Eindruck, den ich von einer Person habe, bestätigt sich meistens.  

Für den ersten Film haben Sie den Preis für Schauspielkunst auf dem Festival des deutschen Films in Ludwigshafen erhalten. Setzt so eine Auszeichnung unter Druck, im zweiten Film abliefern zu müssen?

Der Preis wurde mir zwar im Kontext des Films verliehen, war aber generell für meine Leistung als Schauspielerin der letzten Jahre gemeint.  Insofern war der Druck nicht höher als sonst. Aber ich muss dazu sagen, dass ich noch nicht in vielen Serien oder Reihen mitgespielt habe, und ich mich schwer tue, etwas zu wiederholen, das man vielleicht noch interessanter machen könnte. Das kann natürlich auch in die Hose gehen, aber auch jetzt, bei einer Fortsetzung möchte ich noch Dinge ändern, die Figur noch schärfen, während ich aber in der Logik der Rolle bleibe.

Krimis gibt es wie Sand am Meer im deutschen Fernsehen. Was macht die Reihe „Im Schatten der Angst“ in Ihren Augen sehenswert?

Ich denke, der Reiz entsteht allein schon dadurch, dass es kein klassischer Krimi, sondern eher ein Thriller ist, der die Abgründe der menschlichen Psyche thematisiert. Es werden die Hintergründe von unbegreiflichen Verbrechen aufgedeckt und dennoch kann man, wenn man will, etwas für sich daraus ziehen. Im weitesten Sinne geht es um Kränkungen und die kennt jeder. Ich suche in meinen Projekten, immer nach dem, was sie mir persönlich sagen können. 

Wie würden Sie den Titel „Im Schatten der Angst“ erklären? Und wieso ist er beibehalten worden?

Das ist eine gute Frage, die ich Ihnen nicht beantworten kann. Als Schauspielerin oder Schauspieler hat man auf den Titel keinen Einfluss. Ich war auch etwas überrascht, dass der Titel beim zweiten Teil geblieben ist. Aber „Angst“ ist in einem Thriller ein wichtiges Element, von daher passt es ja, oder?

Wird es einen dritten Teil geben?

Ich kann zwar inhaltlich noch nichts dazu sagen, aber es ist eine weitere Fortsetzung geplant. Der Dreh wird wohl erst im kommenden Jahr stattfinden. 

„Im Schatten der Angst – Du sollst nicht lügen“ – Montag, 17. April, 20.15 Uhr, ZDF

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