25.03.2024 Arzt-Kolumne

Was tun, wenn Kinder an den Nägeln kauen?

Von Dr. Melanie Ahaus
Dr. Melanie Ahaus 
ist niedergelassene Kinder- und Jugendärztin in Leipzig und Sprecherin 
des Berufsverbandes der Kinder- und 
Jugendärzt*innen 
in Sachsen.
Dr. Melanie Ahaus ist niedergelassene Kinder- und Jugendärztin in Leipzig und Sprecherin des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzt*innen in Sachsen. Fotoquelle: privat

Nägelkauen ist eine der häufigsten Angewohnheiten, unter denen Kinder leiden – und manchmal noch mehr ihre Eltern. Eine Ärztin verrät, was Sie tun können.

Vor einigen Tagen kam eine junge Mutter mit ihrer vierjährigen Tochter zur U8-Untersuchung in meine Praxis. Nach der Vorsorgeuntersuchung fragte ich sie, ob sie noch etwas auf dem Herzen habe, was sie mit mir besprechen möchte. „Ja, da ist was“, antwortete sie, „dieses Nägelkauen. Was kann man nur tun, dass meine Tochter damit aufhört?“ Die Nägel des Kindes – oder was davon übrig war – sahen tatsächlich nicht schön aus: raspelkurz und an einigen Fingern sah ich kleine Verletzungen. Dort war die Haut eingerissen und Entzündungen hatten sich gebildet.

Nägelkauen ist eine der häufigsten Angewohnheiten, unter denen Kinder leiden – und manchmal noch mehr ihre Eltern. Manche Kinder tun es aus einer spontanen Anspannung, die weitaus meisten jedoch, wenn sie gestresst sind. Die Folgen sind Entzündungen rund um die abgekauten Nägel. Diese können sogar zu dauerhaften Narben oder Nagelschäden führen. Durch das ständige Knabbern an den harten Nägeln leiden auch Zahnwurzeln, Kiefergelenke und Zahnfleisch. Und dann können auch Madenwurmeier und alle möglichen Krankheitserreger, die sich unter den Fingernägeln verstecken, beim Nägelkauen in den Mund und damit in den Körper geraten.

Die gute Nachricht: Eine langjährige multidisziplinäre Studie aus Neuseeland mit über 1000 Teilnehmern zeigt, dass Fingernägelkauen auch Vorteile mit sich bringen könnte. Denn daumenlutschende und nägelkauende Kinder sind möglicherweise weniger anfällig für die Entwicklung von Allergien.

„Gegen das Nägelkauen helfen sogenannte ‚Anti-Knabber-Präparate‘, die Bitterstoffe wie Sucrose oder Denatonium oder sogar scharfen Cayennepfeffer enthalten. Manchmal haben auch Tapes oder Pflaster, mit denen man die Nägel abdeckt, einen Effekt. Besser finde ich es aber, an den Ursachen anzusetzen. Wenn Ihre Tochter unter Stress oder Anspannung leidet, ist es vielleicht sinnvoll, zu schauen, wie sie das im Alltag vermeiden kann. Vielen Kindern hilft mehr Bewegung oder eine Sportart, bei der sie sich austoben können“, erklärte ich der Mutter der Vierjährigen.

Eltern können sich auch Ablenkungsmanöver einfallen lassen: beispielsweise mit einem Kuscheltier oder einem „Sorgenfresser“. Und grundsätzlich ist vor allem Bewegung an frischer Luft hilfreich und Handhygiene ganz besonders wichtig.

Erst wenn das alles nicht hilft, sollten Anti-Knabber-Präparate und andere Hilfsmittel versucht werden. „Bis dahin halten Sie die Fingernägel Ihrer Tochter bitte immer ganz kurz, dann gibt’s auch weniger zu knabbern. Und die kurzen Nägel kann sie vielleicht mit einem Nagellack anmalen. Schön lackierte Nägel halten eventuell länger. Und wenn das nicht hilft, abwarten. Erfahrungsgemäß gibt sich das Nägelkauen oft mit der Zeit, spätestens wenn in der Pubertät Freundinnen und Freunde auf die Nägel schauen“, so mein Rat an die Mutter.

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