Romanverfilmung auf 3sat

"Feuchtgebiete": Tabubruch und nicht viel mehr

von Jasmin Herzog

Die Verfilmung des Bestsellers von Charlotte Roche hält sich recht genau an die Vorlage, verpasst es aber, eine Geschichte zu erzählen. Nun wiederholt 3sat den Film zu später Stunde.

3sat
Feuchtgebiete
Komödie • 18.06.2020 • 23:11 Uhr

Wenn man Sperma und andere Körperflüssigkeiten sowie expliziteste Ausdrucksweisen ekelhaft findet, kann man es mit "Feuchtgebiete" (2013) auch direkt bleiben lassen. Vorneweg: Ja, die äußerst detailliert beschriebenen Körperhygiene-Abschnitte des gleichnamigen Romans haben es in den Film, den 3sat jetzt wiederholt, geschafft. Ja, Regisseur David Wnendt lässt die Kamera voll draufhalten. Die charmante Moderatorin Charlotte Roche ging in ihrem Besteller "Feuchtgebiete" ausführlich und äußerst anschaulich auf weibliche Masturbation, Sex, Körperflüssigkeiten aller Art, erotische Träume, Fetische und so vieles mehr ein. Tabubrüche ohne Ende! Das Buch elektrisierte – und verkaufte sich millionenfach. Klar, dass eine Verfilmung nach so einem Erfolg im Raum stand. Ob die Geschichte dazu geeignet ist, hat sich aber wohl keiner der Beteiligten gefragt.

Man muss Charlotte Roche Respekt zollen: Sie schrieb ein Buch, das sich vordergründig pornografisch gibt, hintenrum aber versucht, den Umgang mit dem eigenen Körper zu enttabuisieren. Es war der Wunsch Roches, dass sich der Leser dem eigenen Körper widmet, sich mit ihm anders beschäftigt und nicht für vermeintliche Fehler schämt, sondern offensiv mit dem Gegebenen umgeht. Die Verfilmung mit der Schweizerin Carla Juri als Helen, der Heldin aus Charlotte Roches Roman, jedoch hat ein massives Problem: Ihr fehlt genau diese Aussage.

Das ist komisch, denn inhaltlich unterscheiden sich Film und Roman kaum: Helen (Carla Juri) ist 18 Jahre alt, Tochter geschiedener Eltern (Meret Becker und Axel Milberg) und ein ausgesprochen experimentierfreudiges und selbstbewusstes Mädchen. Sie ekelt sich nicht vor ihren eigenen Körperflüssigkeiten und schon gar nicht vor denen anderer. Doch eigentlich will Helen nur eines: ihre Familie zurück. Das Scheidungskind will Mama und Papa wieder vereint sehen. Ein Krankenhausaufenthalt kommt ihr da gelegen. Wenn sich Mama und Papa um sie sorgen, müssen sie ja wieder zusammenkommen, so Helens naiver Glaube. Sie muss nur lange genug im Krankenhaus bleiben.

Das Problem der Komödie: So wenig Charlotte Roche es geschafft hat, zwischen den expliziten "Schockern" eine interessante Geschichte einzuflechten, so belanglos plätschert der Film vor sich hin. Regisseur David Wnendt inszeniert zwar spektakulär und wirft alles an optischen Reizen und Ablenkungen auf die Leinwand, was ihm zwischen die Finger kommt. Doch letztlich bleibt die Frage: Was genau sagt uns das jetzt? Es geht um den "Schock", um den Tabubruch. Und das reicht bei weitem nicht aus für einen guten Film. Trotzdem wollten knapp eine Million Zuschauer das Ergebnis 2013 in Deutschland in den Kinos sehen. Sex sells!


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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