Start der neuen Staffel

"Hubert ohne Staller"-Star Paul Sedlmeir im Interview: "Jeder hat mal einen 'Riedl'-Moment"

30.10.2023, 09.01 Uhr
von Marina Birner

Die bayerische kultige Serie "Hubert ohne Staller" geht mit der elften Staffel an den Start. Neue kuriose Fälle müssen gelöst werden und das mit gewohnt schwarzem Humor. Im Interview gibt Riedl-Darsteller Paul Sedlmeir Einblicke und erklärt, warum "jeder hat mal einen 'Riedl'-Moment" hat.

Spricht man mit Paul Sedlmeir, merkt man schnell: Den gebürtig aus Starnberg stammenden Dreifach-Vater kann nichts so schnell aus der Ruhe bringen. Ganz im Gegensatz zu der Rolle, die den 42-Jährigen einem Millionenpublikum bekannt gemacht hat: Sedlmeir spielt sich seit über zehn Jahren als Pechvogel vom Dienst in die Herzen des ARD-Publikums, zunächst bei "Hubert und Staller", inzwischen umbenannt zu "Hubert ohne Staller", aber gleichbleibend erfolgreich. Auch dank der Kultfigur des oberbayrischen Polizeimeisters Martin Riedl. Ab Mittwoch, 1. November, 18.50 Uhr, sind die Folgen der neuen Staffel im Ersten zu sehen.

prisma: Als Herr Riedl werden Sie in der Serie von Ihren Kollegen oftmals zum Radeln verdonnert. Greifen Sie privat auch so häufig zur klimafreundlichen Variante?

Paul Sedlmeir: Ja, tatsächlich. Aber ich habe den Vorteil, auf mein äußert angenehmes E-Bike ausweichen zu können. Und wenn's ist: Meine Vespa 50N von 1964 fährt auch noch.

prisma: Vom Riedl-Radl zur Vespa ...

Sedlmeir: Ich bevorzuge teilweise dann doch das E-Bike, weil sich die Vespa mit mir manchmal ein bisserl schwertut (lacht).

prisma: Sie wohnen dort, wo Sie auch drehen – und "Kultfigur" geworden ist. Da ist schon gar keine räumliche Distanz zur Figur da. Nervt das nicht auch manchmal?

Sedlmeir: Das nervt überhaupt nicht, weil ich dort aufgewachsen bin. Dass ich da wahnsinnig viele Leute kenne, ist ein absoluter Vorteil für mich, weil ich dann oft genau weiß, wo es noch a Bier und a guade Brotzeit gibt.

"Jeder hat mal einen 'Riedl'-Moment"

prisma: Gab es einen besonders lustigen Real-Life-Riedl-Moment?

Sedlmeir: Ich stand mal an einer Ampel neben einer Bushaltestelle in München. Ich habe bei offenem Fenster irgendein Lied im Radio mitgesungen – aber dermaßen schlecht, dass es die Leute an der Bushaltestelle z'rissn hat. Ich bin mit hochrotem Kopf weitergefahren. Das hätte dem Riedl schon auch leicht passieren können.

prisma: Warum, glauben Sie, lieben die Leute ausgerechnet den – mit Verlaub – "Trottel" der Serie so?

Sedlmeir: Naja, er ist ja letztendlich kein Trottel. Riedl hat einfach immer das Pech, dass sich seine Kollegen seine Erfolge auf die eigene Fahne schreiben. Er ist eher ein Pechvogel. Das bringt ihm aber Sympathiepunkte.

prisma: Weil die Macher den Zuschauern damit eine Identifikationsfigur geben?

Sedlmeir: Nein, so würde ich das nicht nennen. Aber jeder hat mal einen "Riedl"-Moment. Sei es der Chef, der einen triezt, oder der mürrische Hubert-Kollege. Wie im Klassiker Donald Duck: Der hat zwar immer Pech, ist aber eine beliebte Figur, weil sich jeder in diese Art Situation hineinversetzen kann. Außerdem weckt der Riedl bei vielen Frauen auch die mütterliche Fürsorge.

"Natürlich will niemand beleidigend sein – aber eben ehrlich"

prisma: Gibt es – bis auf die Alltagsnähe – noch weitere Kriterien, warum sich die Serie so lange mit stabilen Quoten im Vorabendprogramm hält?

Sedlmeir: Ich glaube, die unverblümte Ehrlichkeit ist maßgebend. Ein Beispiel: Wenn der Hubert sagt, "Schleicht's euch, ihr Deppen, sonst gibt's a Anzeige" – ich bin mir sicher: Das würden manche Polizisten wahrscheinlich auch gerne sagen.

prisma: "Hubert ohne Staller" nimmt eben kein Blatt vor den Mund.

Sedlmeir: Das ist richtig. So können sich die Figuren auch aneinander reiben. Huberts schlechte Laune, der egozentrische Girwidz, der überforderte Riedl – dieses Chaos führt zu gewissen Auseinandersetzungen. Und die Leute freuen sich einfach, wenn Girwidz von Hubert ab und an mal einen auf den Deckel kriegt.

prisma: Ist der oft schwarze Humor der Serie zuweilen nicht etwas übertrieben? Oder ist das genau das, was wir doch sehr sensiblen Menschen heutzutage brauchen?

Sedlmeir: Ich glaube nicht, dass die Leute unbedingt sensibler geworden sind. Die Angst, etwas falsch zu machen, schwingt immer mit. Das halte ich für ein großes Problem. Natürlich will niemand beleidigend sein – aber eben ehrlich.

"Ich glaube nicht, dass man irgendeine Person aus Quotengründen für einen Job besetzen sollte"

prisma: Wie hat sich der Abschied des "Staller"-Darstellers Helmfried von Lüttichau für Sie bemerkbar gemacht?

Sedlmeir: Einerseits war es natürlich ein Schock, dass er vor einigen Jahren gegangen ist. Andererseits war es aber auch eine Chance, die anderen Charaktere weiterzuentwickeln. Ich meine, "Hubert und Staller" ist wirklich etwas komplett anderes als "Hubert ohne Staller". Natürlich fehlt an manchen Stellen dieses Staller-eske, dieser ganz spezielle Humor. Aber eines blieb gleich: Wir Schauspieler funktionieren nach wie vor gut miteinander, es hat sich alles gut entwickelt.

prisma: Es hätte auch schief gehen können ...

Sedlmeir: Ja klar. Ich selbst bin ja bei so was der größte Nerd. Es macht mich ja schon wahnsinnig, wenn irgendein Schauspieler mitten in einer Serie eine andere deutsche Synchronstimme bekommt. Aber es klappt eben auch ohne Staller, und man weiß nach wie vor, was man kriegt.

prisma: Was da wäre?

Sedlmeir: Die Zuschauerinnen und Zuschauer kriegen soliden, vertrauten Stoff. Heißt: Da gibt es die beiden zankenden Hansel, den Tollpatsch, die Chefin, die durch den ganzen Haufen zur Weißglut getrieben wird ... Letztendlich mussten wir den Plot nicht neu erfinden. Die Leute wollen sich zurücklehnen und ungefähr wissen, was passiert. Wenn es dann auch noch Spaß macht, ist alles gut. Die Leute können sich fallen lassen, dem Alltag entfliehen.

prisma: Einem Alltag, der heute stark vom gesellschaftlichen Diskurs geprägt ist. Inwiefern versucht auch "Hubert ohne Staller", diverser zu werden?

Sedlmeir: Mit der Polizeichefin Sabine Kaiser, also Katharina Müller-Elmau, Mitsou Jung und Susu Padotzke sind drei Frauen im Hauptcast. Grundsätzlich hat Humor aber nichts mit Quoten zu tun. Wir stehen oft am Set und entwickeln Szenen neu – das hängt nicht davon ab, ob eine Frau mehr oder weniger dabei ist. Entscheidend ist, dass wir als Team funktionieren. Ich verstehe natürlich die gesellschaftliche Kritik, dass es in verschiedenen Branchen nur wenige Frauen in gewissen Positionen gibt. Aber ich finde, man sollte nichts übern Zaun brechen ...

prisma: Was meinen Sie damit?

Sedlmeir: Ich glaube nicht, dass man irgendeine Person aus Quotengründen für einen Job besetzen sollte. Du hilfst weder einer Frau noch einem Mann, wenn du sie oder ihn in eine Position bringst, für die sie letztendlich nicht qualifiziert sind. Diese Entscheidung sollte nicht geschlechtsspezifisch getroffen werden. Dennoch: Irgendwo muss man ja anfangen, aber das Thema Diversity wird noch eine Weile Thema bleiben.

prisma: Was muss sich also ändern?

Sedlmeir: Es steht außer Frage, dass Männer zuweilen noch Vorteile haben – das muss sich ändern. Es braucht absolute Gleichstellung und Gleichberechtigung. Wir sind zwar auf einem guten Weg, aber in Sachen Akzeptanz muss in der Gesellschaft auf jeden Fall noch viel passieren.

"Eigentlich wollte ich Zahnarzt werden"

prisma: Gleichstellung – etwas, das sich auch der Riedl zu erkämpfen hofft. Fühlen Sie sich in seiner Rolle als heimlicher Star der Serie?

Sedlmeir: Sollten die Zuschauer das so wahrnehmen, ist das natürlich total cool. Ich sehe mich selbst nicht so. Ich bin einfach nur froh, dass ich ans Set kommen und arbeiten darf.

prisma: Wie darf man das verstehen?

Sedlmeir: Das Business ist hart und kein Wunschkonzert. Eine Serie wie "Hubert und/ohne Staller" ist ein absolutes Geschenk und ich bin wirklich dankbar dafür.

prisma: Hätten Sie nicht auch mal Lust, eine ernste Rolle zu spielen?

Seldmeir: Natürlich. Ich bin für alles offen. Klar, es macht Spaß, bei Formaten wie "Sketch History" dabei zu sein. Das liegt mir einfach sehr. Aber ich würde vor neuen Herausforderungen nicht zurückschrecken.

prisma: Wollten Sie schon immer Schauspieler werden?

Sedlmeir: Eigentlich wollte ich Zahnarzt werden – wie mein Papa. Aber Schule war nie wirklich mein Fall. Und als ich dann an die Uni ging, war mir schnell klar, dass das nix für mich ist. Der Schauspielberuf war natürlich immer im Hinterkopf. Auch wegen meines Urgroßvaters.

prisma: Der Schauspiel-Legende Paul Hörbiger ...

Sedlmeier: Richtig. Er hat immer eine große Rolle bei uns in der Familie gespielt. Aber ich habe mir selbst nie den Druck gemacht, einer gewissen Vorstellung zu entsprechen. Ich wurde nach ihm benannt, weil er leider im selben Jahr gestorben ist, in dem ich geboren bin. Auch wenn ich ihn nicht gekannt habe, ist er schon irgendwo ein Vorbild.

prisma: Freut man sich denn über Vitamin B?

Sedlmeir: Letztendlich ist es doch so: Egal ob man Hörbiger heißt oder nicht, man muss sich durchkämpfen in dem Beruf und beweisen, dass man was drauf hat. Außerdem wissen die wenigsten, dass ich aus der Hörbiger-Familie stamme.

Trotz Streaming: "Das Interessante ist, dass wahnsinnig viele junge Leute einschalten"

prisma: Was viele aber wissen, ist, dass Sie mit Christian Tramitz verwandt sind ...

Sedlmeir: Ich drehe seit zwölf Jahren mit meinem Onkel. Anfangs schaute er mir natürlich etwas strenger auf die Finger: Sitzt der Text? Passt das Timing? Wir harmonieren aber nach wie vor gut am Set, wir sind auch sonst sehr eng und spielen beispielsweise viel Tennis. Ich fand die Chance, mit ihm und so vielen tollen Kollegen wie Monika Gruber, Karin Thaler oder Helmfried von Lüttichau zu spielen, super.

prisma: Am Set der Onkel, zu Hause die Kinder. Ihre Familie hält Sie ganz schön auf Trab ...

Sedlmeir: Ja, meine Kinder sind im Alter zwischen sechs und zehn.

prisma: Schauen sie auch hin und wieder Papas Serie?

Sedlmeir: Hin und wieder kommt das vor, ja. Das Interessante ist, dass wahnsinnig viele junge Leute einschalten. Das kriege ich über die Kinder mit. Wir müssen uns das immer in Erinnerung rufen: Über zehn Jahre "Hubert und/ohne Staller" – da ist ja fast eine ganze Generation mitgewachsen. Die Serie ist oft ein Familiending. Und was gibt es denn Besseres, als sich mit der Familie zusammen irgendetwas anzuschauen?

prisma: Heute wahrscheinlich eher eine Seltenheit ...

Sedlmeir: Absolut. In Zeiten von vielen Streaming-Diensten ist es megacool, dass es für viele noch so etwas wie einen festen Termin gibt, auf den man sich gemeinsam freuen kann. So etwas bleibt in Erinnerung.


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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