Film im ZDF

"Ein Taxi zur Bescherung": ein Roadmovie als Herzkino der anderen Art

18.12.2022, 09.02 Uhr
von Wilfried Geldner

Ein blinder ITler reist mit dem Taxi von Hamburg ins Erzgebirge, um seine neue Internet-Bekanntschaft persönlich zu treffen. Doch dann kommt alles anders – das Roadmovie im ZDF endet mit einer ungewöhnlichen Familienzusammenführung.

ZDF
Ein Taxi zur Bescherung
Komödie • 18.12.2022 • 20:15 Uhr

Weihnachtsgeschichten sind meistens triefig. Die Story, die in "Ein Taxi zur Bescherung" erzählt wird, ist anders, obwohl sie ins Herz der deutschen Weihnacht, ins Erzgebirge, führt. Dorthin also, wo die Weihnachtspyramiden kreisen, wo die Nussknacker wohnen und die Räuchermännla zu Hause sind. Sie handelt von einem blinden IT-Spezialisten, der seine neue Freundin, die er auf einer Dating-App gefunden hat, besuchen will. Dass er blind ist, hat er der "Neuen" verheimlicht. Es geht kein Zug, 850 Euro soll die Reise ins Erzgebirgsörtchen Bergroda kosten. Doch schon bei Magdeburg finden sich der ITler und der Taxler in einem Hotelbett wieder – ein Autobahnstau ist riesengroß, er dauert nach Radiomeldungen bis zum anderen Tag. Genug Gelegenheit zum gegenseitigen Kennenlernen für Jan (Max Riemelt) und Axel (der altgediente Kölner "Tatort"-Star Dietmar Bär), den Taxifahrer.

Linh, die Kellnerin (Nhung Hong) im Hotelrestaurant, schließt sich anderntags den beiden an. Sie will in Bergroda ihren Vater besuchen, den sie seit zehn Jahren nicht mehr gesehen hat. Dass das schiefgeht, dass der Vater eine neue Frau hat und er von Linh nichts mehr wissen will (ihre Mutter ist in Vietnam), ist die Rührgeschichte, die nun einmal zu jedem Weihnachtsfilm gehört. Linh nächtigt dann nicht im Stall, aber immerhin in Axels defektem Automobil.

Ansonsten aber herrscht in "Ein Taxi zur Bescherung" keinerlei Rührseligkeit, sondern ein ganz lapidarer Alltagston. Und das, obwohl die Handlung schon recht verträumt erscheint. Noch auf der Straße in Bergroda treffen sich Jan und Jenny, dessen Date (Marlene Tanczik). Sie sind gleich schrecklich glücklich miteinander. Dass Jan blind ist, scheint Jenny überhaupt nichts auszumachen. Alles easy, so scheint's. Erst später begeht Jenny ihren Fauxpas, sie schlägt Jan vor, vielleicht einen Blindenhund zu nehmen, und spielt gar Blindekuh, um zu sehen, wie sich das anfühlt. Geht natürlich gar nicht!

Weihnachtsbräuche und Unterhaltung von leichter Hand

Bei Jan ruft das jedenfalls Entsetzen hervor. Es droht die Trennung, während sich Alex und die resolute örtliche Automechanikerin Sofia Lieberwirth (Gabriele Völsch) einander näherkommen. Nach einem Unfall samt beschädigtem Anlasser bietet Sofia Axel an, bei ihr zu wohnen, bis ein neues Relais eintreffen wird. Weil das dauern wird, bleibt viel Zeit, um Bergrodas Weihnachtsbräuche kennenzulernen. Das geht von der "Mettschicht", mit der einst die letzte Schicht am Weihnachtstag gefeiert wurde, bis zum "Neunerlaa"-Teller (Neunerlei-Teller), der mit Gansschlegel, Bratwurst, Sauerkraut und Linsen so ziemlich alles bereit hält, was Kraft, Gesundheit und Geldsegen bringen kann.

Klingt fürchterlich, wird aber Dank Drehbuch (Claudia Matschulla, Arnd Mayer) und Regie (Grimme-Preisträger Dirk Kummer) mit derart leichter Hand serviert dass es Freude macht. Wieder einmal wird dabei auch deutlich, welche Flügel stimmig eingestreuter Dialekt verleihen kann. Gabriele Völsch, die Kfz-Werkstattfrau, beherrscht diese Kunst wie nur wenige. Ihr Mann, "der Günni", ist "umgefallen – das Herz, vor sieben Jahren", erklärt sie Alex, der auch schon bessere Zeiten als Lkw-Besitzer gesehen hat.

Am Ende dieses mal anderen "Herzkino"-Sonntagsfilms im ZDF sitzen sie dann alle am Weihnachtstisch vereint. Linh greift zur Gitarre und singt ein selbstgemachtes Weihnachtslied. "Das könnte sie doch eigentlich auch mal beruflich machen", sagt die schlaue Sofie. Ja, könnte sie.

Ein Taxi zur Bescherung – So. 18.12. – ZDF: 20.15 Uhr


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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