Loverboys - Die perfide Masche der Zuhälter
24.04.2024 • 21:06 - 21:53 Uhr
Info, Gesellschaft + Soziales
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Szene aus der Dokumentation "Loverboys - Die perfide Masche der Zuhälter" über junge Frauen in Lausanne und Genf, die von ihrer vermeintlichen großen Liebe zur Prostitution gedrängt wurden.
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Mia - der Name wurde für die Doku geändert - war 16, als sie Opfer eines "Loverboys" wurde. Monatelang prostituierte sie sich für den nur wenige Jahre älteren Täter (Making-of-Szene zum Film).
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"Loverboys" lassen junge Frauen glauben, in einer Liebesbeziehung mit ihnen zu sein. Mit manipulativen Methoden wie Gaslighting bringen sie ihre Opfer dazu, sich zu prostituieren, um ihre vermeintlichen Geldprobleme zu lösen.
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Sogenannte "Loverboys" spielen jungen Frauen die große Liebe und die Aussicht auf eine gemeinsame Zukunft vor. Sind die oft noch Minderjährigen emotional von ihnen abhängig, behaupten die Männer, Geldprobleme zu haben, und überreden ihre Opfer, anschaffen zu gehen (Szenenfoto).
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Originaltitel
Loverboys - Die perfide Masche der Zuhälter
Produktionsland
CH
Produktionsdatum
2024
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Wenn aus Liebe Prostitution wird

Von Susanne Bald

Es ist eine besonders hinterhältige Methode des Menschenhandels und der Zuhälterei: Männer, sogenannte "Loverboys", gaukeln sehr jungen Frauen die große Liebe vor, machen sie emotional abhängig und drängen sie in die Prostitution. Anne-Frédérique Widmanns Film thematisiert Fälle aus der Schweiz.

Der Begriff "Loverboy" kam erstmals um das Jahr 2000 herum in den Niederlanden auf und beschreibt eine Methode der Zuhälterei und des Menschenhandels, die längst auch in anderen Ländern angekommen ist. "Loverboys" sind junge Männer, die ebenfalls junge, oft noch minderjährige Frauen dazu bringen, sich in sie zu verlieben, ihnen zu vertrauen und zu glauben, sie seien in einer Beziehung mit ihnen. Sind sie erst einmal emotional abhängig von ihnen, nötigen die Männer ihre Opfer, für sie anschaffen zu gehen.

Die Schweizer Investigativjournalistin und Regisseurin Anne-Frédérique Widmann beschäftigt sich in ihrem Film "Loverboys – Die perfide Masche der Zuhälter" mit Fällen unter anderem aus Genf und Lausanne. 3sat zeigt den Film jetzt erstmals, im Anschluss an die Doku "Zwangsprostitution in der Schweiz – Die nigerianische Mafia und der Menschenhandel".

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Schlimmer als körperliche Gewalt

Junge Frauen aus einem instabilen familiären Gefüge sind typische Opfer von "Loverboys". So wie die gebürtige Ungarin Ana. Sie ist eine der Protagonistinnen in Widmanns Dokumentation, Ana ist nicht ihr echter Name. Ihre Mutter hatte die Familie verlassen, ihr Vater war Alkoholiker, als sie mit 18 Jahren einen jungen Mann traf, erzählt sie. Er habe sie wie eine Prinzessin behandelt, immer wieder gesagt, wie schön und klug sie sei. "Nach all den Schwierigkeiten in meinem Leben gab er mir Hoffnung für die Zukunft", erzählt Ana. Sie habe sich sicher gefühlt bei ihm.

Umso größer war ihr Schock, als er plötzlich von Geldproblemen sprach und sie schließlich emotional dazu erpresste, sich zu prostituieren, um ihre gemeinsame Zukunft zu sichern: "Bevor ich es begriff, saß ich schon im Schaufenster", erinnert sie sich. Sieben Jahre lang ging Ana für ihre vermeintliche große Liebe im Genfer Nachtleben anschaffen, in der Hoffnung auf ein glückliches gemeinsames Leben. "Ich brauchte seine Liebe. Also tat ich, was er von mir verlangte." Diese Männer benutzen "Emotionen, Liebe", sagt Ana heute. Und das sei schlimmer als körperliche Gewalt – die viele Täter ebenfalls anwenden, um die Frauen gefügig zu machen.

Zuckerbrot und Peitsche

Im Grunde könne die "Loverboy"-Masche jede junge Frau treffen, auch solche aus sogenannten "guten Familien", erklärt Irene Hirzel, Geschäftsführerin von ACT212 im Film. Der Verein mit Sitz in Bern engagiert sich im Kampf gegen Menschenhandel und sexuelle Ausbeutung. "Wenn das Mädchen zum Beispiel Stress zu Hause oder in der Schule hat, braucht es gar nicht viel, bis sie sich einem Täter öffnet", führt Hirzel fort. Das machen sich die "Loverboys" zunutze.

Auch die damals 16-jährige Mia – ihr Name wurde im Film ebenfalls geändert – hatte familiäre Probleme, als sie über eine Chat-App einen charismatischen 22-Jährigen kennenlernte. Auch er spielte seinem Opfer die große Liebe vor und drängte Mia dazu, sich wegen seiner angeblichen finanziellen Nöte zu prostituieren. Über eine Million Franken soll er mit Mia verdient haben. Heute erkennt die Solothurnerin die perfiden Methoden, die ihr vermeintlicher Freund anwandte, um sie gefügig zu machen: nicht Gewalt, sondern Manipulationsformen wie Gaslighting und "Zuckerbrot und Peitsche".

Das Wissen um die "Loverboy"-Methode ist nicht neu, die gemeldeten Fälle nehmen zu, doch die Dunkelziffer, so nimmt man an, ist hoch. Prostitution ist in der Schweiz nicht verboten, Zuhälterei aber schon. Neben Opfern wie Mia und Ana lässt Regisseurin Widmann auch Polizisten zu Wort kommen, die berichten, wie schwierig es sei, Zuhältern auf die Schliche zu kommen, die junge Frauen ausbeuten. Daneben werden im Film auch rekonstruierte Gespräche zwischen "Loverboys" aus polizeilichen Abhörprotokollen vorgespielt. Sie belegen auf erschütternde Weise ihre menschenverachtende Haltung ihren Opfern gegenüber: Die Frauen, die sie wegen ihrer Verliebtheit sogar noch verhöhnen, sind für sie nur eines – Mittel zum Zweck.

"Loverboys – Die perfide Masche der Zuhälter" – Mi. 24.04. – 3sat: 21.05 Uhr


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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