20.11.2023 Arzt-Kolumne

Stress? Tief atmen, sofort entspannen

Von Dr. med. Heinz-Wilhelm Esser
Dr. med. Heinz-Wilhelm Esser ist Oberarzt und Facharzt für Innere Medizin, Pneumologie und Kardiologie, Buchautor und bekannt als „Doc Esser“ in TV und Hörfunk.
Dr. med. Heinz-Wilhelm Esser ist Oberarzt und Facharzt für Innere Medizin, Pneumologie und Kardiologie, Buchautor und bekannt als „Doc Esser“ in TV und Hörfunk. Fotoquelle: WDR / Herby Sachs

Verkehrssünder, unbezahlte Rechnungen oder ein Streit mit der Familie – tagtäglich erleben wir Situationen, in denen wir Stress ausgesetzt sind. Doc Esser verrät, wie kontrollierte Atmung helfen kann.

„Ich fühle mich schnell überfordert und gestresst und gerate dann in Panik. Was kann ich als schnelle Soforthilfe dagegen machen?“ Mit müden Augen schaute mich meine 37-jährige Patientin an, die mich eigentlich wegen Schlafstörungen konsultiert hatte. Abgesehen davon, dass langfristig bei chronischer Überforderung nur eine Änderung des Lebensstils hilft, kann das bewusste Atmen in akuten stressigen Situationen entspannend und entschleunigend wirken.

Wer gestresst und ängstlich ist, der atmet flach und schnell – ein Gefühl von „die Kehle schnürt sich zu“ stellt sich ein. Und wer wütend ist, der atmet tief. Das berühmte Wutschnauben. Kurzum: Unsere Gefühle beeinflussen unsere Atmung, aber wir können durch unsere Atmung auch Einfluss auf unsere Gefühle nehmen. Und das kann man sich durch Atemübungen zunutze machen. Denn durch die bewusste Reduzierung der Anzahl der Atemzüge pro Minute kommt es zur Entspannung und Stabilisierung unserer Psyche.

„Normalerweise atmen wir in Ruhe durchschnittlich 14- bis 16-mal pro Minute ein und aus. Versuchen Sie nun mal langsamer und bewusster zu atmen“, riet ich der 37-Jährigen und erklärte ihr die Atemtechnik. „Nun sollte Ihr Atemtempo vier Sekunden bei der Einatmung und sechs Sekunden bei der Ausatmung sein. Dadurch haben Sie die Anzahl der Atemzüge pro Minute halbiert. Achten Sie bei der Übung auf eine aufrechte Position und lassen Sie ihren Bauch mithelfen, der sich bei der Einatmung auswölben und bei der Ausatmung Richtung Nabel ziehen sollte.“

Auf diese Weise wird die Lunge optimal mit sauerstoffreicher Luft gefüllt, und Kohlendioxid wird abgeatmet. Innerhalb des vegetativen Nervensystems übernimmt nun der Parasympathikus, der das Herz langsamer schlagen lässt und die Gefäße weitet. Der Blutdruck sinkt. „Diese Atemübungen können Sie mehrfach am Tag machen – kurz und effizient. Probieren Sie es doch mal aus, wenn Sie sich das nächste Mal im Straßenverkehr über Verkehrsrowdys aufregen“, riet ich meiner Patientin.

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