Auf getrennten Wegen zum Ziel: Anneke Kim Sarnau
und Charly Hübner
Auf getrennten Wegen zum Ziel: Anneke Kim Sarnau
und Charly Hübner

Polizeiruf 110

KINOSTART: 01.01.1970 • Krimi • Deutschland (2011)
Lesermeinung
prisma-Redaktion
Produktionsdatum
2011
Produktionsland
Deutschland

Der junge Rocker Ricky und eine Hebamme werden ermordet auf einer mecklenburgischen Landstraße aufgefunden. Eine erste Spur führt Kommissar Alexander Bukow und die LKA-Beamtin Katrin König zum Rostocker Motorradclub "Satanic Riders", der wegen seiner kriminellen Machenschaften bereits im Visier des Landeskriminalamts steht. Bei den Rockern treffen die Beamten auf eine Mauer des Schweigens - mit Ausnahme eines Mitglieds: Rolf Wendland, ehemaliger President und Road-Captain. Er will aussagen, fordert Zeugenschutz, garantierte Straffreiheit, eine neue Identität, Haus, Geld, Auto. König bringt Wendland in ein "Safehouse", höchste Geheimstufe und abgeschottet von der Außenwelt. Doch wird er dort wirklich reden?

Nur wo zwei Scheite sich reiben, kann der göttliche Funke springen, sagt das Sprichwort. Im Polizeiruf "Stillschweigen" mit Anneke Kim Sarnau und Charly Hübner springt der Funke. Sarnau und Hübner sind das gegensätzlichste und schauspielerisch überzeugendste Paar, das die sonntägliche Krimi-Unterhaltung im ­Ersten zu ­bieten hat. Sie bevorzugt die sanfte Art, verstrickt Tatverdächtige in lange Gespräche, entlockt ihnen Offenbarungen, aus denen sie Wahrheit filtert. Er ist der Bulle, der Verhöre nach Art eines ­Ostsee-Tatort - Duisburg-Ruhrorts führt. Sie möchte das Wurzelgeflecht einer ­mafiösen Rockerclique offenlegen, er will den Mörder. Es sind die unterschiedlichen Temperamente und beruflichen ­Herangehensweisen, die Spannung erzeugen, sofern sie wie hier sorgfältig und mit Witz inszeniert sind (Regie: ­Eoin Moore). Das Dilemma vieler Tatort-Filme besteht darin, das Publikum mit Knabbergebäck statt Handlungsgerüst und Charakteren wie aus dem Comic-Heft abzuspeisen. In "Stillschweigen" geht's zur Sache. Motorradrocker? Rauschgiftschmuggel? Gut und schön, aber die Ursachen für einen Mord liegen seltener im Milieu als in der Vertracktheit menschlicher Beziehungen. Jemand fühlt sich zurückgesetzt, in seiner Ehre gekränkt, schon brennt die ­Sicherung durch. In diesem Film ist das bei der Polizei nicht anders als auf Rockerseite. Liebe, Eifersucht, das ­Besitzenwollen eines Partners – Sarnau und Hübner legen die dürftige ­Grundierung von Männerseelen bloß. Dabei dürfen sich Sarnau und ihr vermeintlicher Kronzeuge (Thomas Sarbacher) eines der schönsten kinesischen Duelle liefern, seit David Hemmings 1979 den Geheimagenten Charlie Muffin spielte. ­Kinesik ist die Kunst, Gebärden zu deuten. Am Ende erweist es sich, dass Hübner mit seiner eher konventionellen Arbeitsweise der Wahrheit immer einen Schritt näher kommt als Profilerin Sarnau. Und weil er ein altes Foto in seinen ­Details zu lesen versteht, kann er sie sogar an die Quelle ihrer verschütteten Kindheit zurückführen. Ein selten poetischer ­Augenblick. Einer von der Sorte wie bei den unvergessenen ­Polizeiruf-Ermittlern Uwe Steimle und Henry Hübchen. dh

Foto: NDR/Christine Schroeder

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