Noch wirkt Nicholas (Chris O'Dowd) ganz anhänglich bei seiner Rebecca (Juliet Rylance).
"Love After Love" erzählt die Geschichte einer ungewöhnlichen Mutter-Sohn-Beziehung.

Love After Love

KINOSTART: 01.08.2019 • Drama • USA (2018) • 93 MINUTEN
Lesermeinung
prisma-Redaktion
Originaltitel
Love After Love
Produktionsdatum
2018
Produktionsland
USA
Laufzeit
93 Minuten

Filmkritik

Die Liebe eines Sohnes
Von Andreas Günther

Unzugänglich und spröde sind die Menschen im kandadischen Drama "Love After Love" – der Stil des Regisseurs Russell Harbaugh ist es auch. Aus Angst, banal zu wirken? Die Einheit von Inhalt und Form ist jedenfalls anstrengend.

Sich auf einer Party wiederzufinden, auf der einem alle unbekannt sind – das ist bei "Love After Love" die erste Empfindung, die man spürt. Und es ist nicht die geeignetste, um mit diesem Familiendrama warm zu werden. Eine leise schluchzende Frau mittleren Alters (Andie MacDowell) und ein noch recht junger Mann (Chris O'Dowd) unterhalten sich da arg pseudointellektuell übers Glück. Dass es sich um Mutter und Sohn handelt, ist allenfalls vage zu ahnen, und dass sie Suzanne und Nicholas heißen, ist dem Film erst viel später zu entnehmen.

Vom Licht und der Bekleidung her könnte es Herbst oder Frühjahr sein. Wie die Partygäste freundschaftlich und verwandtschaftlich zueinander stehen – so etwas zu erschließen, darf das Publikum an dieser Stelle üben. Denn mit dieser Aufgabe wird es den ganzen Film über zu tun haben. Langsam, sehr langsam schält sich eine heikle ödipale Konstellation in "Love After Love" heraus. Mit dem titelgebenden Gedicht von Derek Walcott hat sie wenig zu tun. Ob die Verrätselung, die Regisseur Russel Harbaugh seinem Langfilm-Debüt angedeihen lässt, wirklich Sinn macht oder bloß künstlerische Eitelkeit darstellt, dürfte jedoch noch länger ungewiss bleiben.

Was passiert da?

Dass der ältere grauhaarige Herr mit der schwachen Stimme auf der Gartenfeier Suzannes Mann und Nicholas' Vater ist, tritt eigentlich erst zutage, als er stirbt, offenbar an einer sehr schweren Krankheit. Suzanne arbeitet anscheinend als Kostümbildnerin für ein College-Theater. Was noch zu erfahren ist: Nicholas ist Lektor, sein Bruder Chris (James Adomian) ist, wie er sich im Suff beklagt, ein scheiternder Schriftsteller. Nicholas hat Stress mit seiner Freundin Rebecca (Juliet Rylance), was damit zu tun haben könnte, dass er ein Verhältnis mit Emilie (Dree Hemingway) hat.

Suzanne pflegt zu betonen, dass sie ihre Söhne liebt. Deswegen im weiteren Leben auf Männer zu verzichten, frustriert sie aber offenkundig. Der erste andere Mann fühlt sich noch wie eine Affäre an. Bei Michael (Matt Salinger) ist es jedoch ernst. Je enger die Beziehung wird, desto eifersüchtiger reagiert darauf Nicholas, dessen eigenes Liebesleben immer chaotischer wird. So jedenfalls lassen sich die Informationen, die dieser Film gibt, zusammensetzen. Und die Eskalations-Dynamik, die plötzlich einsetzt, gibt einem schließlich Recht.

Als Vorbereitung auf ihre Rollen hat Regisseur und Co-Autor Russell Harbaugh seinen Darstellern auferlegt, sich die Filme von John Cassavetes anzuschauen. Mit dem Meister des unkonventionellen intimen Dramas ("Eine Frau unter Einfluss") teilt Harbaugh nicht nur das Interesse für die feinsten seelischen Regungen, sondern auch eine experimentelle Filmsprache, die leicht affektiert und selbstverliebt wirkt. Harbaugh frönt langen Einstellungen, desorientierten Schwenks und räumlicher Fragmentierung.

Das scheint nicht verkehrt zu sein, um Menschen zu erkunden, die sozusagen verzweifelt mit sich um die Liebe ringen: Gibt es überhaupt noch eine Liebe nach der einen großen? Wie oft kann man lieben? Und ist nicht die Liebe zwischen Eltern und Kind die wichtigste? Harbaughs Stil führt auf diskreteste Weise zu der Entdeckung hin, dass es im Kern darum in "Love After Love" geht. Wenn unter der Maske der Aggression Nicholas' Begehren nach der Mutter am konfrontativen Höhepunkt des Films durchscheint, sind alle gefesselt, die geduldig gefolgt sind. So manch einer aber wird vorher wohl entnervt aufgegeben haben.


Quelle: teleschau – der Mediendienst

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